Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 23/2002

Streit um die Bezeichnung "Adlon" für Berliner Hotel

Der u.a. für Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte über eine Klage gegen die Verwendung der geschäftlichen Bezeichnung "Adlon" für den Betrieb eines Hotels in Berlin zu entscheiden.

Die Klägerin, die seit Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre ein Café in Berlin-Charlottenburg unter der Bezeichnung "Café Adlon" führte, ist Inhaberin der 1990 angemeldeten und eingetragenen Marke "Adlon" für Fertiggerichte und die Verpflegung von Gästen.

Die Beklagte zu 3 betreibt in Berlin auf dem Grundstück Unter den Linden 75/77 (Pariser Platz) das von der Beklagten zu 1, einer Fondsgesellschaft, Mitte der 90er Jahre errichtete Hotel "Adlon". Auf diesem Grundstück hatte seit 1907 Lorenz Adlon und nach seinem Tod sein Sohn Louis Adlon, ab 1941 in der Rechtsform einer offenen Handelsgesellschaft, das Hotel Adlon betrieben, das einen legendären Ruf genoß. Das Hauptgebäude des Hotels war 1945 bei einem Brand zerstört worden.

Die Klägerin hat aus ihrer Marke und aufgrund ihrer geschäftlichen Bezeichnung die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen, für das Hotel den Namen "Adlon" zu benutzen. Die Beklagten haben in dem Rechtsstreit den Standpunkt vertreten, sie verfügten über ältere Rechte, die sie von der Beklagten zu 2, einer Verwaltungsgesellschaft, ableiten. Diese hatte Anfang der 90er Jahre von den Erben der inzwischen verstorbenen Ehefrau von Louis Adlon die noch eingetragene Handelsgesellschaft erworben, die in der Zeit von 1941 bis 1945 das historische Hotel "Adlon" betrieben hatte.

Das Kammergericht hat - wie zuvor das Landgericht Berlin - die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidungen der Vorinstanzen im Ergebnis bestätigt. Er ist davon ausgegangen, daß die Beklagten sich auf ein Recht zur Benutzung des Zeichens "Adlon" für den Betrieb eines Hotels in Berlin auf dem historischen Grundstück Unter den Linden mit einer auf das Jahr 1907 zurückreichenden Priorität berufen können. Zwar ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofes der Schutz des Unternehmenskennzeichens "Adlon" nach 1945 zunächst verlorengegangen, weil dieser Schutz in der Regel nur einem lebenden Unternehmen zusteht und die Unterbrechung des Betriebs des Hotels "Adlon" in der Zeit von 1945 bis 1997 auch nicht nur vorübergehend war. Der eingetretene Verlust der Priorität der Unternehmensbezeichnung ist im Streitfall jedoch ausnahmsweise überbrückt worden. Maßgebend hierfür war die Überlegung, daß die langfristige Einstellung des Betriebs des im Ostteil von Berlin gelegenen Hotels auf der durch die Teilung Deutschlands eingetretenen Unmöglichkeit beruhte, das gegen Ende des Kriegs zerstörte Hotel am historischen Standort fortzuführen, und nicht auf einer selbstbestimmten unternehmerischen Entscheidung. Die Erinnerung an das berühmte Hotel ist trotz der Stillegung des Unternehmens für einen Zeitraum von 50 Jahren in der Bevölkerung erhalten geblieben, und der Name "Adlon" wird wieder dem auf dem ursprünglichen Grundstück neu errichteten Hotel zugeordnet.

Urteil vom 28. Februar 2002 – I ZR 177/99

Karlsruhe, den 1. März 2002

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