Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 121/2002

Bundesgerichtshof zur Ordnungsmäßigkeit der Einberufung einer Hauptversammlung und zur Anfechtung eines Hauptversammlungsbeschlusses über die Wahl eines Abschlußprüfers wegen Besorgnis der Befangenheit

Die Hauptversammlung der beklagten Bank hatte 1999 beschlossen, die B. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Sonderprüfer und die K. Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zum Abschlußprüfer für das Geschäftsjahr 1999 zu bestellen. Die Klägerin, Aktionärin der Bank, hat diese Beschlüsse mit der Begründung angefochten, der Beschluß über die Wahl des Sonderprüfers sei fehlerhaft, weil der Vorschlag zur Beschlußfassung im Sinne des § 124 Abs. 3 AktG gesetzwidrig nicht nur vom Aufsichtsrat, sondern auch vom Vorstand unterbreitet worden sei, der Beschluß über die Wahl des Abschlußprüfers sei mangelhaft, weil die Besorgnis bestehe, daß der Abschlußprüfer befangen sei.

Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat der Anfechtungsklage stattgegeben.

Das Gesetz schreibt vor, daß nur der Aufsichtsrat der Hauptversammlung einen Beschlußvorschlag zur Wahl des Sonderprüfers unterbreiten darf. Der Vorstand ist davon ausgeschlossen, weil der Sonderprüfer gerade dessen Geschäftsverhalten überprüfen soll und der Vorstand deswegen auf den Wahlvorschlag keinen Einfluß nehmen darf. Wird dagegen in der Einladung zur Hauptversammlung verstoßen, ist der Gegenstand der Tagesordnung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden. Das Gesetz ordnet für diesen Fall an, daß die Hauptversammlung über den Tagesordnungspunkt keinen Beschluß fassen darf. Geschieht das dennoch, kann der Beschluß wegen Verletzung des Gesetzes angefochten werden.

Die Hauptversammlung hat für jedes Geschäftsjahr einen Abschlußprüfer zu wählen. Dieser muß den jeweiligen Jahresabschluß unparteiisch prüfen. Dazu ist er aus der Sicht der Aktionäre dann nicht in der Lage, wenn für sie die Besorgnis besteht, daß er befangen ist. Der II. Zivilsenat hat eine solche Besorgnis der Befangenheit bei dem von der Hauptversammlung gewählten Abschlußprüfer bejaht. In einem derartigen Falle gewährt das Gesetz (§ 318 Abs. 3 HGB) u.a. einer Minderheit von Aktionären, die Aktien in Höhe von 10 % des Grundkapitals oder im Mindestwerte von 1 Mio. € hält, das Recht, bei dem Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Antrag auf Bestellung eines anderen Abschlußprüfers zu stellen. Im Schrifttum ist umstritten, ob diese Regelung dem Anfechtungsrecht vorgeht, das jedem Aktionär zusteht, selbst wenn er nur eine Aktie hält. Da die Klägerin nicht über einen Aktienbestand in Höhe von 10 % des Grundkapitals oder im Werte von 1 Mio. € verfügte, konnte sie ihr Ziel, die Wahl des Abschlußprüfers rückgängig zu machen, nur über die Anfechtung des Wahlbeschlusses der Hauptversammlung erreichen. Der II. Zivilsenat hat entschieden, daß bei Besorgnis der Befangenheit des gewählten Abschlußprüfers dieses Anfechtungsrecht und das Recht, bei dem Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit den Antrag auf Bestellung eines neuen Abschlußprüfers zu stellen, nebeneinander bestehen. Die Anfechtungsklage hatte daher auch in diesem Punkt Erfolg.

Urteil v. 25. November 2002 - II ZR 49/01

Karlsruhe, den 26. November 2002

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