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Pressemitteilungen » Pressemitteilungen vom 17. Juli 2001 » Pressemitteilung Nr. 55/01 vom 17.7.2001

Siehe auch:  Urteil des 1. Strafsenats vom 11.7.2001 - 1 StR 576/00 -

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Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 55/2001

 

Verurteilung wegen Betruges im Zusammenhang mit rechtswidrigen Preisabsprachen beim Bau des Münchener Flughafens bestätigt

Das Landgericht München I hatte den Angeklagten am 30. Mai 2000 wegen Betruges in zwei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und zu einer Geldstrafe verurteilt.

Nach den Feststellungen war der Angeklagte 1989/90 als Vertreter des Bauunternehmens Heilit & Woerner AG anläßlich der Vergabe von Aufträgen der Flughafen München GmbH, die sich zu 100 % in öffentlicher Hand befindet, an rechtswidrigen Preisabsprachen beteiligt. Er hatte, um zu höheren Preisen große Bauaufträge zu erhalten, mit Vertretern anderer Bauunternehmen verabredet, daß sein Unternehmen "herausgestellt" werden und das niedrigste Angebot einreichen solle, während die anderen höhere "Schutzangebote" abgeben sollten. Als Ausgleich wurden an die nicht zum Zuge gekommenen Unternehmen "Abstandszahlungen" entrichtet. Diese Zahlungen und Zuschläge in Millionenhöhe "für Freunde" und "für Freude am Bauen" wurden verdeckt in die Angebote "hineingerechnet", was ohne die unzulässigen Preisabsprachen nicht möglich gewesen wäre.

Der Angeklagte hat gegen die Verurteilung Rechtsmittel eingelegt. Er ist der Auffassung, die Flughafen München GmbH sei nicht getäuscht worden, weil er bei Abgabe seines Angebots nicht ausdrücklich behauptet habe, daß keine Preisabsprache vorläge. Diese Frage war bisher hinsichtlich des formlosen sogen. freihändigen Vergabeverfahrens, bei dem - wie hier - nur wenige ausgewählte Unternehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert werden, in Rechtsprechung und der juristischen Literatur ungeklärt. Der Senat hat nun dazu grundsätzlich ausgeführt: Bereits die bloße Angebotsabgabe enthält - vor dem Hintergrund des gesetzlichen Verbots von Preisabsprachen in § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-schränkungen - die stillschweigende Erklärung, daß dieses Angebot ohne eine Absprache zustandegekommen sei. Dies gilt nicht nur - wie bereits mehrfach entschieden - bei einer förmlichen öffentlichen Ausschreibung, sondern auch bei einer freihändigen Vergabe durch öffentliche oder private Auftraggeber. Auch hier hätte der Auftraggeber anderenfalls nicht mehrere Unternehmer zur Angebotsabgabe aufgefordert. Daher ist das Landgericht zu Recht von einer stillschweigenden Täuschung der Auftraggeberin ausgegangen.

 

Auch der vom Angeklagten vertretenen Ansicht, die vereinbarten Preise seien nicht überhöht und ein Schaden auf Seiten der Flughafen München GmbH ohne die Einholung eines Gutachtens nicht feststellbar, folgte der Bundesgerichtshof nicht. Der Senat mußte sich dabei mit juristischen Lehrmeinungen auseinandersetzen, die bei der Schadensberechnung eine Ermittlung des Wertes der erbrachten Leistungen für erforderlich halten, was in der Praxis zu nahezu unüberwindlichen Beweisschwierigkeiten führen würde. Demgegenüber hat der Bundesgerichtshof nunmehr klargestellt: Bei wettbewerbswidrigen Absprachen umfaßt der Betrugsschaden die absprachebedingten Preisaufschläge. Dabei kann ein Mindestschaden in Höhe der ggf. vereinbarten Schmiergelder und Abstandszahlungen angenommen werden. Ob die fraglichen Preise dabei den kaum feststellbaren Wertvorstellungen des Marktes entsprechen, ist dagegen unerheblich. Soweit das Landgericht ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens von einem nachweisbaren Schaden zumindest in Höhe der Abstandszahlung von 800.000 DM und der absprachebedingten Zuschläge "für Freunde und für Freude am Bauen" in Höhe von 2,7 Mio. DM ausgegangen ist, ist dies mithin nicht zu beanstanden.

Durch Urteil vom 11. Juli 2001 hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs das Rechtsmittel des Angeklagten daher zurückgewiesen. Seine Verurteilung ist damit rechtskräftig.

Urteil vom 11. Juli 2001 - 1 StR 576/00

Karlsruhe, den 17. Juli 2001

Pressestelle des Bundesgerichtshofs

76125 Karlsruhe

Telefon (0721) 159-422

Telefax (0721) 159-831

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