Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 50/2001

 

Festbetragsregelung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt

 

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofes hat beschlossen, eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der deutschen Festbetragsregelung mit dem Europäischen Kartellrecht einzuholen. Die Frage stellt sich in zwei beim Bundesgerichtshof anhängigen Verfahren, in denen zwei Unternehmen der pharmazeutischen Industrie die Spitzenverbände der Kranken- und Ersatzkassen der gesetzlichen Krankenversicherung wegen solcher Festsetzungen auf Unterlassung und Schadensersatz mit der Begründung in Anspruch nehmen, diese führten zu einem kartellrechtswidrigen Eingriff in ihre Preisgestaltungsfreiheit.

Nach § 35 SGB V setzen die Spitzenverbände Höchstbeträge für einzelne pharmazeutische Wirkstoffe und Wirkstoffkombinationen fest, bis zu deren Erreichen sie die Kosten für Arznei- und Heilmittel übernehmen. Diese Beträge sind so festzusetzen, daß auf ihrer Grundlage eine hinreichende und angemessene Versorgung der Bevölkerung gewährleistet ist, bei der auch Behandlungs- und Therapiealternativen zur Verfügung stehen. Bei der Verordnung von Medikamenten, deren Preis einen festgesetzten Höchstbetrag übersteigt, sind die Mehrkosten neben der Rezeptgebühr vom Patienten zu tragen. Das wird in vielen Fällen dazu führen, daß Arzt und Patient auf derartige Medikamente verzichten und auf gleichwertige oder vergleichbare Präparate mit Preisen unterhalb dieser Grenzen ausweichen. Angesichts des hohen Anteils der Bevölkerung, der bei den von der Höchstbetragsregelung betroffenen gesetzlichen Krankenkassen und Ersatzkassen versichert ist, geht damit von den Festsetzungen ein erheblicher wirtschaftlicher Druck aus, der die Pharmahersteller zwingen kann, ihre Preise den Höchstbeträgen anzupassen.

Einen Verstoß gegen das deutsche Kartellrecht hat der Bundesgerichtshof verneint, weil dieses durch die speziellere Vorschrift des Sozialversicherungsrechtes verdrängt werde. Für das Recht der Europäischen Gemeinschaften fehle eine entsprechende Regelung jedoch; ebensowenig sei die Frage der Vereinbarkeit des deutschen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht eindeutig. Zur Klärung dieser Frage müsse daher eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs eingeholt werden.

BGH, Beschlüsse vom 3. Juli 2001 - KZR 31/99 und 32/99

Karlsruhe, den 3. Juli 2001

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