Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 49/2001

 

Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Klaus Kutzer

im Ruhestand

 

Am 30. Juni 2001 wird der Vorsitzende Richter am Bundesgerichtshof Klaus Kutzer in den Ruhestand treten.

Herr Kutzer wurde am 30. Juni 1936 in Breslau geboren. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Nach dem Abschluß seiner juristischen Ausbildung trat er im November 1966 in den höheren Justizdienst des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Zunächst bei der Staatsanwaltschaft in Dortmund, dann bei der Stadtverwaltung in Lippstadt und schließlich beim Land- und Amtsgericht in Bielefeld tätig, wurde er 1969 für die Dauer von drei Jahren an das Bundesministerium der Justiz abgeordnet, wo er als Mitarbeiter in mehreren strafrechtlichen Referaten vor allem mit der Vorbereitung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrens befaßt war. Zum 1. Juni 1972 wurde Herr Kutzer in den Dienst des Landes Niedersachsen versetzt, zum Richter am Landgericht Hannover ernannt und gleichzeitig an die Bundesanwaltschaft abgeordnet. Zum 9. Juli 1973 folgte die Versetzung an die Bundesanwaltschaft und die Ernennung zum Oberstaatsanwalt beim Bundesgerichtshof. Als Angehöriger der Bundesanwaltschaft wirkte Herr Kutzer in den äußerst umfangreichen und schwierigen Ermittlungsverfahren gegen Baader, Meinhof u.a. mit. Dabei war er insbesondere für die Verfahren wegen der den Beschuldigten zur Last gelegten Sprengstoffanschläge zuständig. Zum 1. Januar 1975 wurde ihm - nach erneuter Versetzung in den Geschäftsbereich des Niedersächsischen Ministers der Justiz - unter Ernennung zum Leitenden Oberstaatsanwalt die Leitung der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Göttingen übertragen.

Zum Richter am Bundesgerichtshof ist Herr Kutzer am 6. Januar 1982 ernannt worden. Das Präsidium hat ihn mit seiner Ernennung dem 3. Strafsenat zugeteilt, dem er - seit dem 7. Juli 1995, dem Tage seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter am Bundesgerichtshof, als Vorsitzender - bis heute angehört. Dem 3. Strafsenat sind neben Revisionen in allgemeinen Strafsachen die Staatsschutzsachen zugewiesen. In der Zeit, in der Herr Kutzer ihm angehörte, war der Senat für einige Jahre in Spezialzuständigkeit darüber hinaus auch zuständig für das Steuerstrafrecht. Neben seiner Tätigkeit im 3. Strafsenat hat Herr Kutzer im Senat für Wirtschaftsprüfersachen sowie im Senat für Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtensachen (jeweils von Anfang 1988 bis Ende 1992), im Senat für Anwaltssachen (von April 1990 bis zu seiner Ernennung zum Vorsitzenden Richter) und im Großen Senat für Strafsachen (seit Anfang 1992 bis heute) mitgewirkt.

Als langjähriges Mitglied und Vorsitzender des 3. Strafsenats hat Herr Kutzer die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vielfältiger Weise beeinflußt und vor allem die Rechtsprechung in Staatsschutzstrafsachen in maßgeblicher Weise geprägt. Unter seinem Vorsitz ergingen zahlreiche Grundsatzentscheidungen, die, in ihrer Bedeutung weit über den jeweils konkret verhandelten Fall hinausreichend, für ein liberales und rechtsstaaatliches Staatsschutzstrafrecht stehen, ohne die Belange eines effektiven strafrechtlichen Staatsschutzes aus den Augen zu verlieren. Als Beispiel genannt sei hier nur das erst im Dezember 2000 verkündete, vielbeachtete Urteil im Fall "Eggesin", mit dem es dem Senat gelungen ist, allgemein akzeptierte Grundsätze zur Abgrenzung der Strafverfolgungskompetenz von Bund und Ländern auf dem Gebiet des Staatsschutzstrafrechts zu entwickeln. Vor eine Aufgabe von außergewöhnlicher Dimension - sowohl mit Blick auf die Schwierigkeit der zu beurteilenden Rechtsfragen als auch unter Berücksichtigung des Umfangs sowie der Komplexität des zu bewältigenden Stoffes - hat der Eingang der ersten Revisionsverfahren gegen Kriegsverbrecher wegen Völkermordes den 3. Strafsenat gestellt. Der Senat hatte in diesen Verfahren unter Beachtung der Rechtsprechung der Internationalen Strafgerichtshöfe für Bosnien-Herzegowina und für Ruanda juristisches Neuland zu betreten.

Außerhalb der beruflichen Tätigkeiten hat sich Herr Kutzer vor allem durch sein Engagement in der Hospizbewegung um die Allgemeinheit verdient gemacht. Selbst Gründungsmitglied einer regionalen Vereinigung der Hospizhilfe e.V. ist er in der Bewegung bis heute ehrenamtlich aktiv. Er hat bundesweit durch zahlreiche Vorträge zu Fragen der Sterbehilfe, zu denen er auch als Richter - etwa als Berichterstatter in der grundlegenden Sache BGHSt 37, 376 (zur passiven Sterbehilfe) und als Vorsitzender in der Sache BGHSt 42, 301 (zur indirekten Sterbehilfe) - wichtige Beiträge geleistet hat, auf die Bedeutung des Themas für den einzelnen und die Gesellschaft aufmerksam gemacht.

Seit 1997 arbeitet er in dem Ausschuß medizinisch-juristische Grundsatzfragen der Bundesärztekammer mit. 1999 wurde er vom Vorstand der Bundesärztekammer für die bis zum Jahre 2003 dauernde Wahlperiode als ordentliches Mitglied in deren neu besetzten Ausschuß ethische und medizinisch-juristische Grundsatzfragen berufen. Seit Anfang 2000 ist er außerdem Sachverständiger der Bioethik-Kommission des Landes Rheinland-Pfalz.

Karlsruhe, den 29. Juni 2001

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