Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 5/2001

 

"Freitodbegleiter" wegen Einfuhr von

Betäubungsmitteln verwarnt

Das Landgericht Berlin hat den jetzt 83-jährigen Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem Überlassen von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen der Strafkammer war der Angeklagte, Psychologe und Theologe, seit Anfang der achtziger Jahre als sogenannter Freitodbegleiter tätig. Er ist zudem Generalsekretär einer von ihm in der Schweiz gegründeten Vereinigung, die sich zum Ziel gesetzt hat, hoffnungslos schwer Leidenden ein "humanes Sterben" zu ermöglichen. Im März 1998 wandte sich eine in Berlin lebende Ärztin an ihn, die aus dem Leben scheiden wollte, weil sie seit vielen Jahren an einer unheilbaren Krankheit litt, in deren Folge sie weitestgehend bewegungsunfähig war. Nach einem persönlichen Treffen und auf ihren Wunsch führte der Angeklagte deswegen am 20. April 1998 eine tödlich wirkende Dosis eines dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Barbiturats von der Schweiz nach Deutschland ein und übergab es der Sterbewilligen. Diese nahm das Mittel sogleich zu sich; sie verstarb innerhalb kurzer Zeit.

Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofes den Schuldspruch bestätigt, die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe allerdings aufgehoben und wegen des Ausnahmecharakters der Tat eine Verwarnung mit Strafvorbehalt ausgesprochen. Entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft hat der Angeklagte durch das Überlassen des Barbiturats nicht "leichtfertig den Tod" der Ärztin verursacht; er hat damit kein Verbrechen nach § 30 Abs. 1 Nr. 3 Betäubungsmittelgesetz begangen. Die genannte Vorschrift kommt jedenfalls dann nicht zur Anwendung, wenn, wie hier in einem besonders gelagerten Fall, eine nicht betäubungsmittelabhängige Person ein Betäubungsmittel zum "klassischen" Freitod verwendet.

Der Angeklagte, der kein Angehöriger der Schwerkranken war, befand sich nicht in einer Notstandslage, die sein Handeln hätte rechtfertigen oder entschuldigen können. Er war zuvor in einer Vielzahl von Fällen in ähnlicher Weise tätig geworden und war insbesondere daher zur Erkundigung über die Rechtslage verpflichtet.

 

Urteil vom 7. Februar 2001 - 5 StR 474/00

Karlsruhe, den 7. Februar 2001

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