Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 39/2001

 

Distomo-Prozeß vor dem Bundesgerichtshof

Die Kläger, griechische Staatsangehörige, verlangen von der beklagten Bundesrepublik als Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches teils aus eigenem Recht, teils als Rechtsnachfolger ihrer Eltern Schadensersatz bzw. Entschädigung wegen einer im Jahre 1944 nach bewaffneter Auseinandersetzung mit Partisanen gegen ein griechisches Dorf gerichteten "Sühnemaßnahme" der SS, bei der die Eltern der Kläger erschossen wurden und das elterliche Haus zerstört wurde. Die Kläger haben gegen ein Versäumnisurteil des Senats vom 14. Oktober 1999 Einspruch eingelegt. Mehrere Verhandlungstermine sind im Einvernehmen mit den Parteien verlegt worden, um ihnen antragsgemäß die Einholung von Rechtsgutachten zu ermöglichen und dem Senat wie auch den Parteien weitere Gelegenheit zur sachgerechten Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zu geben.

Parallel zu diesem Rechtsstreit wurde in Griechenland von der Präfektur Böotien unter anderem auch in Vertretung der Kläger des vorliegenden Rechtsstreits ein Schadensersatzprozeß wegen des Distomo-Massakers gegen die Bundesrepublik Deutschland geführt, die sich an diesem Verfahren nicht beteiligte. Das Landgericht Livadeia hat durch Versäumnisurteil vom 30. Oktober 1997 unter anderem den Klägern des vorliegenden Prozesses bestimmte Zahlungsansprüche zuerkannt. Den von der Bundesrepublik Deutschland gestellten Antrag auf Kassation dieses Urteils hat das Plenum des griechischen Areopags durch Urteil vom 4. Mai 2000, das rechtskräftig geworden ist, zurückgewiesen. Dieses Urteil könnte Auswirkungen - etwa im Sinne einer Bindungswirkung - für das hiesige Gericht haben. Die Anerkennung des ausländischen Urteils setzt allerdings voraus, daß das griechische Gericht nach den Grundsätzen des Völkerrechts befugt war, wegen der in Rede stehenden Vorfälle die Bundesrepublik Deutschland zu verurteilen; es ist zu prüfen, ob ein solches Verfahren gegen den Grundsatz der sog. Staatenimmunität verstößt.

Zwischenzeitlich hat in einem anderen gerichtlichen Verfahren in Griechenland mit einem ähnlichen Streitgegenstand ein Senat des Areopags eine Vorlage an den Obersten Sondergerichtshof zu der Frage beschlossen, ob Deutschland in derartigen Verfahren vor den griechischen Gerichten Staatenimmunität genießt. Hierüber soll im September 2001 verhandelt werden.

Der III. Zivilsenat hält es in Übereinstimmung mit den Parteien für sachgerecht, die mündliche Revisionsverhandlung in der ihm vorliegenden Sache bis zur Entscheidung des Obersten Sondergerichtshofs in Athen zurückzustellen.

III ZR 245/98

LG Bonn - 1 O 358/95 ./. OLG Köln - 7 U 167/97

Karlsruhe, den 10. Mai 2001

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