Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 6/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten folgende Terminhinweise geben:

Verhandlungstermin: 8. Februar 2012

IV ZR 269/10

Landgericht Chemnitz – Urteil vom 27. September 2009 – 4 O 2454/08

Oberlandesgericht Dresden – Urteil vom 22. September 2010 – 7 U 1358/09

Bundesgerichtshof trifft erste Entscheidung zu Ansprüchen gegen einen englischen Lebensversicherer ("Clerical Medical")

Der für das Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs wird sich mit der Frage befassen, welche rechtliche Bedeutung es hat, wenn bei einer fondsgebundenen Kapitallebens-versicherung gegen Einmalprämie einerseits bestimmte Auszahlungen zu bestimmten Terminen betragsmäßig im Versicherungsschein genannt sind, andererseits in den dem Vertrag zugrunde liegenden Policen-Bedingungen vorzeitige Auszahlungen an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft sind. Dabei wird auch zu prüfen sein, ob diese Bedingungen hinreichend klar und eindeutig gefasst sind.

Die Klägerin schloss im Jahre 2002 eine derartige Versicherung mit der Bezeichnung "Wealthmaster Noble" und einer Laufzeit von zehn Jahren bei der Beklagten, einem auf dem deutschen Markt tätigen englischen Lebensversicherer, unter Beteiligung eines Finanzvermittlers ab, wobei sie die Einmalprämie in Höhe von 247.500 € durch ein Darlehen ihrer Streithelferin in Höhe von 250.000 € finanzierte. Im Versicherungsantrag und im Versicherungsschein wurden sowohl regelmäßige laufende Auszahlungen als auch eine Auszahlung von 254.500 € am 1. März 2012 festgelegt, die der Begleichung der Darlehenszinsen (6,5% jährlich) und der Rückzahlung des Darlehens dienen sollten. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen hat der Finanzvermittler der Klägerin bei Abschluss des Vertrages erklärt, dass die Auszahlungen mit den eingefügten Zahlen vertraglich abgesichert seien, so dass der Klägerin jedenfalls kein Verlust entstehe. Eine für die Klägerin erstellte "unverbindliche Musterberechnung" ging demgegenüber von einem Wertzuwachs von jährlich 8,5% und einem der Klägerin danach zusätzlich verbleibenden Gewinn aus.

Tatsächlich betrug der Wertzuwachs der der Klägerin zugeteilten Fondsanteile in den ersten beiden Jahren nur 3% und 1,5%, so dass die Beklagte unter Berufung auf ihre Versicherungsbedingungen die Anzahl der der Klägerin zugewiesenen Anteile wegen der höheren laufenden Auszahlungen reduzierte und ankündigte, die für den 1. März 2012 vorgesehene Auszahlung wegen der ungünstigen Wertentwicklung voraussichtlich nicht mehr in voller Höhe erbringen zu können.

Im vorliegenden Verfahren nimmt die Klägerin die Beklagte in erster Linie auf Zahlung des Betrages von 254.500 € am 1. März 2012 als im Versicherungsvertrag versprochene Leistung in Anspruch. Hilfsweise begehrt sie die Feststellung, dass die Beklagte ihr – wegen einer der Beklagten zurechenbaren fehlerhaften Aufklärung durch den Finanzvermittler – in näher bezeichnetem Umfang (im Wesentlichen Bedienung offenstehender Darlehensforderungen) zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Die Beklagte hat sich unter anderem darauf berufen, dass es sich bei den vorgesehenen Auszahlungen nach den zum Vertragsinhalt gewordenen Versicherungsbedingungen um keine verbindlich zugesagten Zahlungen handele, sie sich abweichende Erklärungen des Vermittlers nicht zurechnen lassen müsse sowie die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin verjährt seien.

Das Berufungsgericht hat den Hauptantrag abgewiesen und dem Hilfsantrag der Klägerin auf Schadensersatz im Wesentlichen stattgegeben. Dagegen richten sich die für die Klägerin eingelegte Revision ihrer Streithelferin und die Revision der Beklagten.

Gegen den beklagten Versicherer, die Clerical Medical Investment Group Ltd., sind mittlerweile in Deutschland Hunderte ähnlicher Verfahren anhängig, in denen Versicherungsnehmer zum Teil Ansprüche auf Vertragserfüllung verfolgen und zum Teil Schadensersatz wegen fehlerhafter oder unzureichender Aufklärung verlangen. Rund 30 dieser Verfahren sind inzwischen beim Bundesgerichtshof anhängig. Eine erste Klärung sich hierbei stellender Rechtsfragen, die auch von den damit bislang befassten Oberlandesgerichten zum Teil unterschiedlich beantwortet wurden, ist im vorliegenden Verfahren zu erwarten.

Verhandlungstermin: 10. Februar 2012

V ZR 279/10

Kammergericht – 8 U 56/09 – Urteil vom 28. Januar 2010

Dr. Hans Sachs, der Vater des Klägers, war Eigentümer einer umfangreichen kulturhistorisch wertvollen Plakatsammlung, welche ihm 1938 im Auftrag des damaligen Reichspropagandaministeriums weggenommen wurde. Wegen der Judenverfolgung verließ er Ende 1938 Deutschland und emigrierte in die USA.

Nach dem Krieg war die Sammlung verschollen. Im Jahr 1961 erhielt Dr. Sachs für den Verlust der Sammlung im Vergleichswege 225.000 DM als Wiedergutmachung nach den Vorschriften des Bundesrückerstattungsgesetzes. Erst später erfuhr er, dass Teile der Sammlung in der DDR aufgetaucht waren. Die Plakatsammlung ist heute im Besitz der Beklagten (Deutsches Historisches Museum, Stiftung des öffentlichen Rechts). Derzeit sind 4.259 Plakate identifiziert.

Dr. Sachs starb 1974 und wurde von seiner Frau beerbt. Sie starb 1998, ohne nach der Wiedervereinigung irgendwelche Ansprüche wegen der Sammlung erhoben zu haben.

Der Kläger ist ihr Erbe. Er hat mit der Klage Herausgabe von zwei Plakaten ("Dogge" und "Die blonde Venus") verlangt. Die Beklagte möchte im Wege der Widerklage festgestellt wissen, dass der Kläger nicht Eigentümer der Plakatsammlung ist, hilfsweise, dass er nicht berechtigt ist, die Plakate herauszuverlangen.

Das Landgericht Berlin hat die Beklagte zur Herausgabe des Plakats "Dogge" verurteilt und die weitergehende Klage sowie die Widerklage abgewiesen. Das Kammergericht hat – unter Abweisung aller übrigen Anträge – auf den Hilfswiderklageantrag der Beklagten festgestellt, dass der Kläger nicht berechtigt ist, die sich im Besitz der Beklagten befindlichen Plakate aus der Sammlung seines Vaters herauszuverlangen.

Das Kammergericht meint, Dr. Sachs habe sein Eigentum an der Sammlung weder 1938 noch im Rahmen des Wiedergutmachungsverfahrens verloren. Die Plakate seien auch nicht in Volkseigentum der DDR übergegangen. Gleichwohl könne sie der Kläger als Rechtsnachfolger und jetziger Eigentümer nicht nach § 985 BGB herausverlangen, da nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Ansprüche wegen nationalsozialistischer Unrechtsakte nur nach Maßgabe der Rückerstattungs- und Entschädigungsgesetze geltend gemacht werden könnten. Danach sei hier der Vorrang der einschlägigen Anordnung der Alliierten Kommandantur Berlin (Rückerstattungsanordnung für das Land Berlin) zu beachten, wonach eine Rückgabe nur innerhalb – hier längst überschrittener Fristen – hätte verlangt werden können.

Das Kammergericht hat die Revision nicht zugelassen. Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Die Frage des Verhältnisses zwischen dem Rückerstattungsrecht und dem allgemeinen Zivilrecht bedarf zumal für den Fall, dass Rückerstattungsansprüche aus faktischen Gründen seinerzeit – wie hier - nicht geltend gemacht werden konnten (die Sammlung war verschollen), einer Überprüfung und Klärung.

Der Kläger nimmt die Abweisung seines Herausgabeantrags hinsichtlich des Plakats "Die blonde Venus" hin und verfolgt im Übrigen seine in der Berufungsinstanz gestellten Anträge weiter. Er ist bereit, den seinem Vater als Wiedergutmachung geleisteten Betrag zurückzuzahlen, wenn er die Plakatsammlung zurückerhält.

Verhandlungstermin: 14. Februar 2012

X ZR 111/11 und X ZR 112/11

AG Köln – 147 C 323/09 – Urteil vom 8. Juni 2010

LG Köln – 20 S 32/10 – Urteil vom 30. März 2011

und

AG Frankfurt am Main – 31 C 570/10 -23 – Urteil vom 1. Oktober 2010

LG Frankfurt am Main – 2-08 S 48/10 – Urteil vom 29. April 2011

In beiden Fällen buchten die Kläger Anfang August bzw. Anfang September 2009 bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise, die in der Zeit vom 23. Oktober bis 6. November 2009 bzw. vom 5. bis 19. November 2009 stattfinden sollte. Sie überwiesen, nachdem sie einen "Sicherungsschein für Pauschalreisen gemäß § 651k des Bürgerlichen Gesetzbuches" der Beklagten als Kundengeldabsicherer erhalten hatten, den gesamten Reisepreis an den Reiseveranstalter. Zwischen diesem und der Beklagten bestand seit dem 1. August 2009 ein Insolvenzsicherungsvertrag. Etwa einen Monat vor dem vereinbarten Abreisetag teilte der Reiseveranstalter den Klägern mit, dass er sich finanziell nicht mehr auf den Beinen halten könne und Insolvenz anmelden müsse. Die Kläger möchten sich wegen der Rückzahlung ihrer Vorauszahlung an die Beklagte wenden. Die gebuchten Reisen fanden nicht statt. Der beklagte Versicherer lehnte eine Erstattung mit dem Argument ab, dass der Geschäftsführer des Reiseveranstalters sowohl gegenüber einer Vielzahl von Reisenden als auch ihr gegenüber betrügerisch gehandelt und die hereingenommenen Anzahlungen für eigene Zwecke verwendet habe. Die vorsätzliche Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit durch den Reiseveranstalter sei aber nicht Gegenstand der Sicherungspflicht nach § 651k BGB.

Das AG Köln hat der Klage weitgehend stattgegeben, während das AG Frankfurt am Main die dortige Klage abgewiesen hat. Das Landgericht Köln und das Landgericht Frankfurt am Main haben den Klägern jeweils Recht gegeben. Beide Berufungsgerichte haben ihre Entscheidungen hauptsächlich damit begründet, dass eine Kausalität der Insolvenz für den Reiseausfall weder nach europäischen noch nach deutschem Recht zu fordern sei, es reiche vielmehr aus, dass infolge der Insolvenz dem Reisenden vom Veranstalter der vorausgezahlte Preis für die ausgefallene Reise nicht erstattet werden könne und der insolvente Reiseveranstalter naturgemäß auch zur Durchführung der Reise nicht mehr in der Lage sei (vgl. hierzu die Urteile vom 2. November 2011 – X ZR 43/11 und X ZR 44/11, Pressemitteilung Nr. 173/2011). Der Wortlaut des § 651k Abs. 1 BGB differenziere auch nicht nach den Ursachen der Zahlungsunfähigkeit. Die vom Versicherer geforderte einschränkende Auslegung dahingehend, dass die vorsätzliche Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit von der Absicherungspflicht ausgenommen sei, widerspreche dem Schutzzweck dieser Norm und sei auch nicht mit Blick auf die Vorgaben des Art. 7 der Pauschalreise-Richtlinie gerechtfertigt. Hiergegen richtet sich die von den Berufungsgerichten zugelassene Revision der Beklagten.

§ 651k BGB lautet (auszugsweise):

(1)Der Reiseveranstalter hat sicherzustellen, dass dem Reisenden erstattet werden

1.der gezahlte Reisepreis, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters ausfallen, und

2.notwendige Aufwendungen, die dem Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen.

Die Verpflichtungen nach Satz 1 kann der Reiseveranstalter nur erfüllen

1.durch eine Versicherung bei einem im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Versicherungsunternehmen oder

2.durch ein Zahlungsversprechen eines im Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts.

(2)…

(3)Zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach Absatz 1 hat der Reiseveranstalter dem Reisenden einen unmittelbaren Anspruch gegen den Kundengeldabsicherer zu verschaffen und durch Übergabe einer von diesem oder auf dessen Veranlassung ausgestellten Bestätigung (Sicherungsschein) nachzuweisen. …

(4)Reiseveranstalter und Reisevermittler dürfen Zahlungen des Reisenden auf den Reisepreis vor Beendigung der Reise nur fordern oder annehmen, wenn dem Reisenden ein Sicherungsschein übergeben wurde.

Art. 7 der Richtlinie lautet:

Der Veranstalter und/oder Vermittler, der Vertragspartei ist, weist nach, dass im Fall der Zahlungsunfähigkeit oder des Konkurses die Erstattung gezahlter Beträge und die Rückreise des Verbrauchers sichergestellt sind.

Verhandlungstermin: 14. Februar 2012

Es stehen zwei Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich um weitere Verfahren aus diesem Themenkomplex, zu dem der Senat am 27. September 2011 bereits zwei Einzelfälle verhandelt und entschieden hat (vgl. Pressemitteilung 145/2011).

XI ZR 411/10

LG Frankfurt/Main - Urteil vom 21. Mai 2010 - 2/19 0 291/09

OLG Frankfurt/Main - Urteil vom 3. November 2010 - 17 U 111/10

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem und aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Januar 2007 investierten der Kläger und seine Ehefrau auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 50.000 € in eine "Alpha Express-Anleihe". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines virtuellen Aktienkorbes sein, in den die dreißig dividendenstärksten Titel Europas Eingang fanden (DJ EURO STOXX Select Dividend 30 Index). Die Rückzahlung sollte neben dem eingesetzten Kapital - in Abhängigkeit von der relativen Kursentwicklung an bestimmten Stichtagen - gegebenenfalls einen Bonus umfassen. In dem für den Kunden ungünstigsten Fall war die Rückzahlung des um die sogenannte Underperformance des Aktienkorbes im Vergleich zum DAX Index gekürzten Nominalbetrages vorgesehen, was zum vollständigen Verlust des eingesetzten Kapitals führen konnte.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages nebst Zinsen zuzüglich fiktiver Anlagezinsen.

Das Landgericht hat der Klage bis auf einen geringfügigen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten bejaht. Die Beklagte hafte schon deshalb, weil sie den Kläger und dessen Ehefrau im Beratungsgespräch unstreitig nicht über die von ihr vereinnahmte Vertriebsprovision in Höhe von 5 % aufgeklärt habe. Zwar liege keine Rückvergütung im Sinne der "Kick-back"-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes vor, allerdings komme es für die Begründung einer Aufklärungspflicht auch nicht auf die begriffliche Bezeichnung an. Entscheidend sei, dass sich die Bank ähnlich wie bei Rückvergütungen in einem Interessenkonflikt befinde, den sie dem Anleger zu offenbaren habe. Nur so könne dieser das Umsatzinteresse der Bank einschätzen und beurteilen, ob die Bank ihm eine bestimmte Geldanlage nur deshalb empfehle, weil sie selbst daran verdiene. Da neben dem Umstand, dass die Beklagte überhaupt eine Vertriebsprovision erhalten habe, auch deren konkrete Höhe zu offenbaren sei, könne im Übrigen die Produktinformation die Beklagte nicht entlasten; denn dort sei lediglich allgemein die Möglichkeit der Zahlung einer Vertriebsvergütung genannt.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

und

XI ZR 132/11

LG Hamburg - Urteil vom 8. September 2010 - 319 O 201/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 23. Februar 2011 - 13 U 191/10

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im November 2007 investierte die Klägerin auf Empfehlung einer Mitarbeiterin der Beklagten einen Betrag in Höhe von 20.000 € in eine "BullExpress Garant Anleihe II". Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung zu 100 % des Nennwertes am Ende der Laufzeit von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde.

Mit der Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich der Abschlussgebühr in Höhe von insgesamt 20.200 € nebst Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei anlegergerecht gewesen, insbesondere unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin wegen des Erwerbs ähnlich risikoreicher Finanzprodukte in der Vergangenheit keine unerfahrene Anlegerin gewesen sei und sie sich in einem kurz vor Zeichnung der streitgegenständlichen Anleihe unterschriebenen "Persönlichen Analysebogen" selbst als "risikobewusst" und "unternehmerisch denkend" bezeichnet habe. Die Struktur der Anlage habe keine weitergehenden Risikohinweise erfordert, da sich die betreffenden Zertifikate, die Bonität der Emittentin vorausgesetzt, aufgrund des vollen Kapitalrückflusses zum Laufzeitende nicht als besonders risikoreich dargestellt hätten. Auf die Bonität der Garantiegeberin habe im November 2007 nach allgemeiner Markteinschätzung noch vertraut werden dürfen. Die Klägerin sei zudem nicht nachweislich darüber im Unklaren gelassen worden, dass der Anlagebetrag im Falle einer Insolvenz von Lehman Brothers nicht zurückgezahlt werde (allgemeines Emittentenrisiko). Im Hinblick darauf habe es auch keiner weitergehenden Aufklärung darüber bedurft, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfielen. Eine Beratungspflichtverletzung sei schließlich nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
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