BundesgerichtshofMitteilung der PressestelleNr. 71/2018 Verhandlungstermin am 4. Mai 2018, 10.15 Uhr, in Sachen V ZR 203/17 (Sanierung von Feuchtigkeitsschäden in einem in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Altbau)
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs verhandelt über ein Verfahren, in dem Wohnungs- und Teileigentümer darüber streiten, ob Feuchtigkeitsschäden im Bereich des gemeinschaftlichen Eigentums saniert werden müssen. Sachverhalt: Die Parteien bilden eine Wohnungs- und Teileigentümergemeinschaft. Das im Jahr 1890 errichtete Gebäude wurde im Jahr 1986 in zwölf Wohnungen und drei Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Die Kläger sind die Eigentümer der drei Teileigentumseinheiten, die sich im Souterrain des Gebäudes befinden; sie werden in der Teilungserklärung als "Laden" bzw. "Büro" bezeichnet und derzeit als Naturheilpraxis, Künstleragentur und Kommunikationsagentur genutzt. Weil die Wände dieser Einheiten Durchfeuchtungen aufweisen, holte die Wohnungseigentümergemeinschaft im Jahr 2010 ein Gutachten eines Ingenieurbüros und im Jahr 2011 ein Gutachten eines Architekten ein. Beide Gutachten ergaben dieselben Schadensursachen, nämlich eine fehlende außenseitige Sockelabdichtung, eine fehlende Horizontalsperre und im Mauerwerk eingelagerte Salze. In der Eigentümerversammlung vom 31. März 2015 wurde der zu TOP 2a gestellte Antrag der Kläger auf Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden abgelehnt. Auch der weitere Antrag zu TOP 2b, wonach die Instandsetzung durch Einbringung einer Horizontalsperre im Mauerwerk sowie Aufbringung einer Vertikalsperre auf den erdberührten Außenwänden erfolgen soll, fand keine Mehrheit. Zu TOP 2f beschlossen die Wohnungseigentümer mehrheitlich, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Bisheriger Prozessverlauf: Gegen die genannten Beschlüsse wenden sich die Kläger mit der Anfechtungsklage. Zugleich haben sie beantragt, die Beklagten zu verurteilen, den Beschlussanträgen zu 2a und 2b zuzustimmen, hilfsweise, eine gerichtliche Beschlussersetzung vorzunehmen. Das Amtsgericht hat nur den zu TOP2f gefassten Beschluss für ungültig erklärt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht der Klage – soweit von Interesse – vollen Umfangs stattgegeben und die (auf TOP 2f bezogene) Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision wollen die Beklagten erreichen, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird. Nach Auffassung des Landgerichts widerspricht die Ablehnung des Beschlussantrags zu TOP 2a ordnungsmäßiger Verwaltung. Die Kläger hätten gemäß § 21 Abs. 4 WEG Anspruch darauf, dass die Feuchtigkeitsschäden saniert werden. Eines weiteren Gutachtens bedürfe es nicht, weil die Ursachen bereits feststünden und sich der Sachverhalt seit Einholung der beiden Gutachten nicht verändert habe. Entgegen der Auffassung der Beklagten gehörten die Durchfeuchtungen nicht zu dem planmäßigen Zustand der Teileigentumseinheiten, auch wenn sich diese in einem Altbau befänden. Darauf, ob die Abdichtung den bei Errichtung des Gebäudes im Jahr 1890 geltenden Regeln der Technik entspreche, komme es wegen der fast hundert Jahre später erfolgten Aufteilung nicht an. Maßgeblich sei vielmehr der "Sollzustand" des Gebäudes nach der Teilungserklärung, in der das Gebäude als "total renoviert" bezeichnet werde. Die Teileigentumseinheiten im Souterrain dienten als gewerblich voll nutzbare Räumlichkeiten. Der bauliche Zustand des gemeinschaftlichen Eigentums müsse die Nutzung zu dem vorgesehenen Zweck gewährleisten. Die Kläger hätten Anspruch auf Beseitigung der Ursachen nach heutigen Baustandards und müssten sich nicht mit einem "Kaschieren" der gravierenden Durchfeuchtungen zufrieden geben. Die auf den Beschlussantrag zu TOP 2b bezogenen Klageanträge hätten Erfolg, weil die Beklagten auch insoweit zur Zustimmung verpflichtet seien. Nach dem Ergebnis eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens entspreche nur die beantragte Art der Sanierung ordnungsmäßiger Verwaltung. Der Einwand der Beklagten, sie hätten diese Frage – wie das Gericht – zunächst durch ein Gutachten überprüfen dürfen, sei unberechtigt. Selbst wenn es insoweit auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung ankommen sollte, hätte dem Antrag aus objektiver Sicht entsprochen werden müssen. Angesichts der bereits vorliegenden Gutachten habe eine ausreichende Entscheidungsgrundlage bestanden. Mit der zu TOP 2f beschlossenen Einholung eines weiteren Gutachtens hätten die Wohnungseigentümer keine aktuelle Bestandsaufnahme beabsichtigt, sondern eine Art "Rechtsgutachten" einholen wollen mit dem erkennbar gewünschten Ergebnis, dass der Zustand der Souterraineinheiten baualtersklassengerecht und von den Klägern hinzunehmen sei. Aus diesem Grund sei der zu TOP 2f gefasste Beschluss zu Recht für ungültig erklärt worden. Die Beklagten stützen ihre gegen das Urteil des Landgerichts gerichtete Revision unter anderem auf die Überlegung, dass der Gebäudezustand an dem Baustandard des Jahres 1890 zu messen sei. Die Sanierung erweise sich zudem als unverhältnismäßig, da sie rund 300.000 € kosten werde. Die Kläger müssten Beeinträchtigungen wie Farbabblätterungen, Putzschäden und Salzausblühungen hinnehmen, zumal diese nach ihrem eigenen Vortrag schon mehr als zehn Jahre bestünden und die Teileigentumseinheiten gleichwohl bestimmungsgemäß genutzt würden. Vorinstanzen: AG Hamburg – Urteil vom 7. Dezember 2015 – 11 C 22/15 LG Hamburg – Urteil vom 28. Juni 2017 – 318 S 9/16 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 21 WEG: Abs. 4: "Jeder Wohnungseigentümer kann eine Verwaltung verlangen, die den Vereinbarungen und Beschlüssen und, soweit solche nicht bestehen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht." Abs. 5: "Zu einer ordnungsmäßigen, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung gehört insbesondere: 1. (…) 2.die ordnungsmäßige Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (…) Karlsruhe, den 9. April 2018
Pressestelle des Bundesgerichtshofs |
|