Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 233/2016

Verhandlungstermin am 16. März 2017, 9.00 Uhr, in Sachen I ZR 115/16 (Bundesgerichtshof zum Tonträger-Sampling)

Die Kläger sind Mitglieder der Musikgruppe "Kraftwerk". Diese veröffentlichte im Jahr 1977 einen Tonträger, auf dem sich das Musikstück "Metall auf Metall" befindet. Die Beklagten zu 2 und 3 sind die Komponisten des Titels "Nur mir", den die Beklagte zu 1 mit der Sängerin Sabrina Setlur auf zwei im Jahr 1997 erschienenen Tonträgern eingespielt hat. Der Titel ist der Stilrichtung des Hip-Hop zuzuordnen. Zur Herstellung der beiden Titelversionen hatten die Beklagten eine etwa zwei Sekunden lange Rhythmussequenz aus dem Titel "Metall auf Metall" elektronisch kopiert ("gesampelt") und dem Titel "Nur mir" unterlegt, wobei die Sequenz in einer um 5% verlangsamten Geschwindigkeit fortlaufend wiederholt wird ("Loop").

Die Kläger sehen dadurch ihre Rechte als Tonträgerhersteller verletzt. Sie haben die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zweck der Vernichtung in Anspruch genommen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Er hat angenommen, die Beklagten hätten durch das Sampling in das Tonträgerrecht der Kläger eingegriffen. Sie könnten sich nicht auf das Recht zur freien Benutzung (§ 24 Abs. 1 UrhG*) berufen, weil es ihnen möglich sei, die aus dem Musikstück "Metall auf Metall" entnommene Sequenz selbst einzuspielen. Aus der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit lasse sich kein Recht ableiten, die Tonaufnahme ohne Einwilligung des Tonträgerherstellers zu nutzen (vgl. Pressemitteilung Nr. 210/2012 vom 13. Dezember 2012).

Das Bundesverfassungsgericht hat das Revisions- und das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Es hat angenommen, die Entscheidungen griffen in das Grundrecht der Beklagten auf künstlerische Betätigung (Art. 5 Abs. 3 GG) ein. Der Eingriff in die Kunstfreiheit sei durch das Tonträgerrecht der Hersteller verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt, weil diese bei der lizenzfreien Übernahme kleinster Rhythmussequenzen keine erheblichen wirtschaftlichen Nachteile erlitten und in ihr grundrechtlich geschütztes Eigentum nur geringfügig eingegriffen werde.

Mit ihrer Revision verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Vorinstanzen:

LG Hamburg - Urteil vom 8. Oktober 2004 - 308 O 90/99, BeckRS 2013, 07726

OLG Hamburg - Urteil vom 17. August 2011 - 5 U 48/05, GRUR-RR 2011, 396 = ZUM 2011, 748

BGH - Urteil vom 13. Dezember 2012 - I ZR 182/11, GRUR 2013, 614 = WRP 2013, 804 - Metall auf Metall II

BVerfG - Urteil vom 31. Mai 2016 - 1 BvR 1585/13, GRUR 2016, 690 = WRP 2016, 822

*§ 24 Abs. 1 UrhG lautet:

Ein selbständiges Werk, das in freier Benutzung des Werkes eines anderen geschaffen worden ist, darf ohne Zustimmung des Urhebers des benutzten Werkes veröffentlicht und verwertet werden.

Karlsruhe, den 16. Dezember 2016

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