Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 170/2012

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir möchten auf folgenden Termin hinweisen:

Verhandlungstermin: 25. Oktober 2012

III ZR 293/11

LG Mosbach - Urteil vom 18. März 2011 - 1 O 211/10

OLG Karlsruhe - Urteil vom 15. November 2011 - 12 U 85/11

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung aufgrund nicht durchgeführter BSE-Tests.

Die Klägerin, ein Mühlenbetrieb, produziert durch ihr ungarisches Tochterunternehmen Vogelfutter. Dieses enthält Rindertalg, den die Klägerin bei der Streithelferin zu 1 und diese wiederum bei der Streithelferin zu 2, einem Schlachthof, bezieht. Bei diesem unterhält das zuständige Veterinäramt eine Fleischhygienestelle, die unter anderem BSE-Tests durchführt. Im Schlachthof wird eine Software benutzt, die die Streithelferin zu 3 programmiert hat. Im Rahmen des Schlachtablaufs gleicht ein Schlachthofmitarbeiter die Ohrmarke der Rinder mit dem Rinderpass ab, scannt den Pass und teilt eine Schlachtnummer zu. Die hierbei eingesetzte Software verarbeitet die zuvor eingescannten Daten des Passes, teilt die Tiere Altersklassen zu und markiert die testpflichtigen Tiere mit "T". Die eingescannten Daten einschließlich des Geburtsdatums und der Altersklasse werden auf einen Bildschirm in die Fleischhygienestelle übertragen und dort von einem Veterinär eingesehen. Dieser stellt sodann die testpflichtigen Tiere fest und gibt Anweisung zur Entnahme einer Probe. Die Proben werden danach von dem Veterinär mit einem Barcode versehen und an ein Untersuchungslabor geschickt. Dieses wertet die Proben aus und gibt das Ergebnis an die bundesweite sogenannte HIT-Datei (Herkunftssicherungs- und Informationssystem Tiere) weiter. Bei dieser werden die vom Labor übermittelten Untersuchungsergebnisse mit den vom Schlachthof gelieferten Daten zusammengeführt und überprüft, ob Proben in ausreichendem Umfang entnommen wurden.

Bis zum 31. Dezember 2008 mussten nach der Verordnung zur fleischhygienerechtlichen Untersuchung von geschlachteten Rindern auf BSE (BSE-Untersuchungsverordnung) solche Tiere auf BSE kontrolliert werden, die zum Zeitpunkt der Schlachtung über 30 Monate alt waren. Ab 1. Januar 2009 bestand die Testpflicht für im Inland geborene und gehaltene Rinder nur noch, wenn sie älter als 48 Monate waren. In der Zeit vom 12. bis 21. Januar 2009 schlachtete die Streithelferin zu 2 unter anderem sieben Rinder, die älter als 48 Monate waren. Aufgrund eines Systemfehlers, der auftrat, weil die Geburtsdaten dieser Tiere per Hand eingegeben worden waren, wurden die Rinder der Altersklasse 3 zugeordnet und daher nicht mit "T" markiert. Obwohl eine Testpflicht auf BSE bestand, ordnete der Veterinär eine Probeentnahme nicht an. Das Veterinäramt erteilte Negativtestate und hob die Beschlagnahme der Tiere auf. Den aus den Schlachtungen - pro Tag ca. 200 - stammenden Rindertalg lieferte die Streithelferin zu 2 an die Streithelferin zu 1 und diese auf Veranlassung der Klägerin an deren Tochterfirma, die ihn unter Verwendung weiterer Zutaten zumindest teilweise zu Meisenknödeln verarbeitete. Nachdem der Fehler bei der Altersklassenzuordnung festgestellt worden war, mussten 98 Tonnen Meisenknödel vernichtet werden.

Die Klägerin hat das beklagte Land auf Schadensersatz aus Amtshaftung in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die auf Zahlung von mehr als 100.000 € gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg gehabt. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass die für das beklagte Land tätigen Bediensteten des Veterinäramts zwar fahrlässig ihre Amtspflichten bei der Auswahl der auf BSE zu testenden Rinder verletzt und dadurch das Fleisch sowie die sonstigen Nebenprodukte der geschlachteten Tiere freigegeben hätten, obwohl die aufgrund des Alters vorgeschriebenen Laboruntersuchungen nicht vorgenommen worden seien. Es habe sich insoweit jedoch nicht um Pflichten gehandelt, die der Klägerin gegenüber bestanden hätten. Die im Zusammenhang mit der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von BSE-Tests bestehenden Amtspflichten dienten in erster Linie dem Gesundheitsschutz von Mensch und Tier. Zwar sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass drittgerichtete Amtspflichten auch im Verhältnis zu den Unternehmern bestehen könnten, die die Schlachtungen selbst durchführten. Es sei aber nicht gerechtfertigt, die Schutzrichtung der Amtspflichten auch auf Unternehmer auszuweiten, die mit den Tierprodukten lediglich als Weiterverarbeiter oder Händler in Berührung kämen.

Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.

*§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB

Haftung bei Amtspflichtverletzung

(1) Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.

** Art. 34 Satz 1 GG

Haftung bei Amtspflichtverletzung

Verletzt jemand in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht.

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