Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 22/2011

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten

Monaten des Jahres 2011

Verkündungstermin: 8. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 7. Dezember 2010)

X ZB 4/10

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 21.07.2010 – VII-Verg 19/10

Der X. Zivilsenat wird bis spätestens Ende des Jahres in einem Vergabenach-prüfungsverfahren, in dem auch ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann und ein Termin zur mündlichen Verhandlung jedenfalls noch nicht bestimmt ist, aufgrund einer Vorlage des Oberlandesgerichts Düsseldorf über Fragen im Zusammenhang mit der Vergabe von Nahverkehrsdienstleistungen entscheiden.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Durch einen 2004 geschlossenen Vertrag hatte die Antragsgegnerin (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr) der Beigeladenen (DB Regio) u. a. den Betrieb sämtlicher S-Bahnen bis Dezember 2018 übertragen. In der Folgezeit kam es zwischen den Vertragspartnern zu Unstimmigkeiten, die zur Kündigung des Vertrages durch die Antragsgegnerin führten. Im Zuge anschließend geführter Vergleichsverhandlungen wurde im November 2009 ein Vergleichsvertrag geschlossen, demzufolge u. a. der Verkehrsvertrag mit der Beigeladenen bis Dezember 2023 verlängert wurde.

Die Antragstellerin (Abelio Rail NRW GmbH), die linienweise an der Übernahme des S-Bahn-Betriebs interessiert ist, sieht im Abschluss dieses Vertrages eine vergaberechtlich unzulässige Direktvergabe und hat bei der Vergabekammer bei der Bezirksregierung Münster Vergabenachprüfung mit dem Ziel beantragt, die Unwirksamkeit des Vergleichsvertrages hinsichtlich einer bestimmten S-Bahn-Linie, hilfsweise die des gesamten Vertrages festzustellen. Die Vergabekammer hat den Vertrag insgesamt für unwirksam erklärt. Gegen diese Entscheidung haben die Antragstellerin, die Beigeladene und nach Ansicht des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf auch die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt.

Das Oberlandesgericht erachtet den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin für zulässig und in weitem Umfang auch für begründet. Es sieht sich an einer eigenen Sachentscheidung aber gemäß § 124 Abs. 2 GWB* durch entgegenstehende Rechtsprechung anderer Vergabesenate gehindert. Diese Divergenz betrifft hauptsächlich die Frage, ob bei der Vergabe von Dienstleistungen des Schienenpersonennahverkehrs ein Nachprüfungsverfahren nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen überhaupt zulässig ist. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat diese Frage in einer Entscheidung aus dem Jahre 2003 verneint und angenommen, derartige Leistungen unterlägen der speziellen Regelung in § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) i. V. mit § 4 des Regionalisierungsgesetzes (Brandenburgisches OLG VergabeR 2003, 654 ff.). § 15 Abs. 2 AEG lautet: "Die zuständigen Behörden, die beabsichtigen, die Erbringung gemeinwirtschaftlicher Leistungen durch Eisenbahnverkehrs-unternehmen auf der Grundlage des Artikels 1 Abs. 4 und des Artikels 14 der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates zu vereinbaren, können diese Leistungen ausschreiben."

Ein Oberlandesgericht, das von der Rechtsprechung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will, legt die Sache nach § 124 Abs. 2 GWB dem Bundesgerichtshof vor. Dieser entscheidet anstelle des vorlegenden Gerichts in der Sache. Nach der Fassung, die § 124 Abs. 2 GWB durch das Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 erhalten hat, deren Geltung zwischen den Beteiligten ebenfalls umstritten ist, kann sich der BGH auch auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und die Entscheidung in der Hauptsache dem vorlegenden Vergabesenat übertragen.

§ 124 GWB Bindungswirkung und Vorlagepflicht

(1) Wird wegen eines Verstoßes gegen Vergabevorschriften Schadensersatz begehrt und hat ein Verfahren vor der Vergabekammer stattgefunden, ist das ordentliche Gericht an die bestandskräftige Entscheidung der Vergabekammer und die Entscheidung des Oberlandesgerichts sowie gegebenenfalls des nach Absatz 2 angerufenen Bundesgerichtshofs über die Beschwerde gebunden.

(2) Will ein Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen oder hält es den Rechtsstreit wegen beabsichtigter Abweichung von Entscheidungen eines Landessozialgerichts oder des Bundessozialgerichts für grundsätzlich bedeutsam, so legt es die Sache dem Bundesgerichtshof vor. Der Bundesgerichtshof entscheidet anstelle des Oberlandesgerichts. Der Bundesgerichtshof kann sich auf die Entscheidung der Divergenzfrage beschränken und dem Beschwerdegericht die Entscheidung in der Hauptsache übertragen, wenn dies nach dem Sach- und Streitstand des Beschwerdeverfahrens angezeigt scheint. Die Vorlagepflicht gilt nicht im Verfahren nach § 118 Abs. 1 Satz 3 und nach § 121.

Verhandlungstermin: 8. Februar 2011

II ZR 243/09

LG Frankfurt a. M. – 2/20 O 1/04 – Urteil vom 21. Dezember 2006

OLG Frankfurt a. M. – 23 U 18/07 – Urteil vom 25. Februar 2009

und

II ZR 263/09

LG Berlin – 21 O 410/06 – Urteil vom 29. November 2007

KG – 24 U 102/07 – Urteil vom 12. November 2008

In diesen Verfahren geht es um die Frage, in welchem Umfang Anleger von Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) tatsächlich haften, wenn eine Haftung der Gesellschafter für Verbindlichkeiten der Gesellschaft entsprechend ihrer Beteiligung an der Gesellschaft (quotale Haftung) vereinbart worden ist. Die Fondsanleger werden von Banken aus der quotalen Haftung auf Rückzahlung von an die Fondsgesellschaften ausgereichten Darlehen in Anspruch genommen. Der Bundesgerichtshof wird sich damit zu befassen haben, wie sich die Änderung der Rechtsprechung zur Rechtsnatur der GbR (BGHZ 146, 341 – ARGE Weißes Roß) auswirkt, von welchem Betrag die Quote ermittelt wird, ob das Gesellschaftsvermögen vorrangig verwertet werden muss und wer das Risiko der Insolvenz von Mitgesellschaftern trägt.

Verhandlungstermin: 8. Februar 2011

XI ZR 33/10

LG Hanau - Urteil vom 4. August 2008 - 9 O 1501/07

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 30. Dezember 2009 - 23 U 175/08 (veröffentlicht ZIP 2010, 921)

Die Klägerin - ein mittelständisches Unternehmen - nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages in Anspruch.

In zwei Beratungsgesprächen am 7. Januar und 15. Februar 2005 empfahl die Beklagte auf Grundlage ihrer Prognose, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten wird, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien am 16. Februar 2005 abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 2.000.000 € für die Laufzeit von fünf Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin im Austausch verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR-Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 3 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)] berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,0% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,85%, 0,70% und 0,55% ab. Nach dem am selben Tag zwischen den Parteien geschlossenen Rahmenvertrag für Finanztermingeschäfte wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Eine einseitige Vertragsbeendigung war ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes für beide Parteien erstmals nach dreijähriger Laufzeit und nur gegen Ausgleichszahlung in Höhe des aktuellen Marktwertes des Vertrages möglich. In den beim Beratungsgespräch verwendeten Präsentationsunterlagen hatte die Beklagte die Klägerin hinsichtlich der "Risiken" unter anderem darauf hingewiesen, dass - wenn die Zinsdifferenz stark unter das heutige Niveau absinkt - die Klägerin -, höhere Zinszahlungen zu leisten habe als sie empfange. Da die von ihr zu leistende Zinszahlung in der Höhe nicht begrenzt sei, sei ihr Verlustrisiko somit theoretisch unbegrenzt. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hatte der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag einen negativen Marktwert in Höhe von ca. 4% der Bezugssumme (ca. 80.000 €), worauf die Beklagte die Klägerin nicht hinwies.

Der Vertrag erwies sich für die Klägerin als Verlustgeschäft, weil ab Herbst 2005 die für die Berechnung ihrer Zinszahlungspflicht relevante Zinsdifferenz fortlaufend abnahm. Am 26. Oktober 2006 erklärte sie die Anfechtung des CMS Spread Ladder Swap-Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die die Beklagte zurückwies. Letztlich lösten die Parteien den Vertrag am 26. Januar 2007 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 566.850 € auf.

Die - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - im Wesentlichen auf Rückzahlung von 541.074 € nebst Zinsen gerichtete Klage stützt die Klägerin unter anderem darauf, dass der CMS Spread Ladder Swap-Vertrag ihrer Ansicht nach unwirksam sei, weil er wegen der Unausgewogenheit der Chancen und Risiken gegen die guten Sitten verstoße (§ 138 BGB). Zudem ist sie der Auffassung, von der Beklagten über die Gewinnchancen arglistig getäuscht (§ 123 BGB) und zudem fehlerhaft beraten worden zu sein. Die Beklagte habe sie nicht ausreichend über die Risiken der Anlage aufgeklärt und die Empfehlung habe nicht ihrer Risikobereitschaft und ihren Anlagezielen entsprochen. Einen Beratungsfehler sieht die Klägerin überdies darin, dass die Beklagte sie nicht über den zum Abschlusszeitpunkt negativen Marktwert des Vertrages aufgeklärt hat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Den dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden CMS Spread Ladder Swap-Vertrag und ähnliche Zinssatz-Swap-Verträge hatte die beklagte Bank im Zeitraum 2005 neben mittelständischen Unternehmen - wie der hiesigen Klägerin - auch kommunalen Einrichtungen als Anlageprodukt empfohlen. In diesem Zusammenhang wird sie auch in einer Reihe weiterer Verfahren auf Verlustausgleich in Anspruch genommen. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung ist uneinheitlich. Hinsichtlich zahlreicher weiterer Urteile, von denen einige die Klage ebenfalls abgewiesen haben (OLG Bamberg, WM 2009, 1082 ff.; OLG Frankfurt am Main, WM 2009, 1563 ff.; OLG Celle, WM 2009, 2171 ff.; OLG Frankfurt, WM 2010, 1790 ff.) und andere der Klage stattgegeben haben (OLG Stuttgart, WM 2010, 756 ff., OLG Stuttgart, WM 2010, 2169 ff.), ist im XI. Zivilsenat eine Nichtzulassungsbeschwerde bzw. Revision anhängig.

Verkündungstermin: 9. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 17. November 2010)

VIII ZR 162/09

LG Dortmund - Urteil vom 18. Januar 2008 - 6 O 341/06

OLG Hamm - Urteil vom 29. Mai 2009 - 19 U 52/08

(veröffentlicht in RdE 2009, 261 = ZNER 2009, 274)

Der Kläger, die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V., verlangt aus abgetretenem Recht von der Beklagten, einem Gasversorgungsunternehmen, die Rückzahlung von Gaspreisentgelten, die in der Zeit vom Januar 2003 bis Oktober 2005 auf Gaspreiserhöhungen gezahlt worden sind. Dazu sind ihr die Rechte von 25 Kunden in den Gasvertriebsregionen "Ost-Südwestfalen" und "Ruhr-Lippe" abgetreten worden. Im betroffenen Zeitraum erhöhte die Beklagte die Gaspreise insgesamt vier Mal. Die 25 Kunden bezahlten – zum Teil unter dem Vorbehalt der Rückforderung – die ihnen für das gelieferte Gas in Rechnung gestellten Entgelte einschließlich der Erhöhungsbeträge. Der Kläger hält die Gaspreiserhöhungen für unwirksam und fordert die über den Ende 2002 von der Beklagten verlangten Preis hinausgehenden Beträge von der Beklagten zurück. Das Landgericht hat der auf Zahlung von insgesamt 16.128,63 € gerichteten Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt:

Der Kläger habe aus wirksam abgetretenem Recht einen Rückforderungsanspruch hinsichtlich der von den Kunden auf die Gaspreiserhöhungen geleisteten Zahlungen, weil die Beklagte insoweit die von den Kunden erbrachten Zahlungen ohne Rechtsgrund erlangt habe. Die Gasbezugsverträge stellten keinen rechtlichen Grund dar, weil die Beklagte kein wirksames einseitiges Preiserhöhungsrecht gehabt habe. Denn die jeweils herangezogenen Preisanpassungsklauseln verstießen gegen § 307 BGB. Sie seien nicht hinreichend klar und verständlich und benachteiligten die Kunden unangemessen, weil diese die Berechtigung einer Preisänderung nicht zuverlässig hätten nachprüfen können. Zu keinem anderen Ergebnis führe, dass grundsätzlich bei längerfristigen Vertragsverhältnissen ein Interesse des Verwenders anzuerkennen sei, die bei Vertragsschluss zugrunde gelegte Relation von Leistung und Gegenleistung über die gesamte Vertragsdauer im Gleichgewicht zu halten und Kostensteigerungen nachträglich auf den Kunden abwälzen zu können. Weder ergebe sich hieraus ein Preisanpassungsrecht der Beklagten noch komme sonst eine ergänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB in Betracht.

Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

Verkündungstermin: 9. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 8. Dezember 2010)

VIII ZR 295/09

LG Wiesbaden - Urteil vom 22. Januar 2009 – 13 O 159/07

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 13. Oktober 2009 – 11 U 28/09 (Kart)

(abgedruckt in ZNER 2009, 395 = RdE 2010, 104)

 

Der Kläger bezieht von der Beklagten seit 1993 Gas für seine Wohnung in Wiesbaden. Nach einer Tarifumstellung der Beklagten im Jahr 1995 gab es unter dem Oberbegriff "Allgemeine Tarife" zwei Grundverbrauchstarife und unter dem Oberbegriff "Heizgas-Sonderabkommen" die Tarife R1 und R2 für Verbrauchsmengen ab 4.966 kWh, welche mit Wirkung vom 1. November 2001 durch die Tarife "ESWE Komfort 1" und "ESWE Komfort 2" abgelöst wurden. Für diese Tarife veröffentlichte die Beklagte die "Bedingungen für ESWE KOMFORT GAS" und teilte sie dem Kläger mit. Sie enthalten auszugsweise folgende Bestimmungen:

"Nr. 2 Preisänderungen, Änderungen der Bedingungen, Kündigungsfrist

Preisänderungen und Änderungen der Bedingungen für "ESWE KOMFORT GAS" werden nach öffentlicher Bekanntmachung in der örtlichen Presse wirksam. ESWE ist nicht zu Einzelbenachrichtigungen verpflichtet. ESWE KOMFORT GAS kann mit einer Frist von einem Monat von beiden Seiten gekündigt werden. ESWE weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf das Sonderkündigungsrecht gemäß AVB § 32 Abs. 2 hin.

Nr. 3 Allgemeine Bedingungen

Soweit in diesen Bedingungen nichts Abweichendes geregelt ist, gelten die "Allgemeinen Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden" (AVBGasV) vom 21. Juni 1979 …"

Die Beklagte rechnete den Gasbezug des Klägers entsprechend der jeweiligen Höhe seines Energieverbrauchs nach den Tarifen R1 und R2 bzw. ESWE Komfort Gas 1 und ESWE Komfort Gas 2 ab. Dies beanstandete der Kläger zunächst ebenso wenig wie die mehrfache Anpassung der Preise durch die Beklagte. Am 1. Januar 2004 wurden die Arbeitspreise gegenüber den zuletzt am 1. April 2003 geänderten Preisen gesenkt. Am 1. August 2004, 1. Januar 2005, 1. Oktober 2005, 1. Juni 2006 und 1. Oktober 2007 erhöhte die Beklagte die Arbeitspreise, nachdem sie zuvor die Preise am 1. April 2007 gesenkt hatte. Erstmals mit Schreiben vom 20. Dezember 2004 widersprach der Kläger gegenüber der Beklagten der in deren Abrechnung vom 14. Dezember 2004 enthaltenen Erhöhung der Gaspreise. Er meint, die Beklagte habe gegenüber ihm als Sondervertragskunde schon kein wirksames Preisanpassungsrecht; außerdem hielten die Preiserhöhungen einer Billigkeitskontrolle nicht stand.

Mit seiner Klage hat der Kläger, der auch die Abrechnungen der Folgejahre jeweils beanstandet hat, u.a. die Feststellung begehrt, dass die von der Beklagten vorgenommenen Preisbestimmungen unbillig und unwirksam sowie die Endabrechnungen der Beklagten für die Jahre 2004 bis 2007 unbillig und nicht fällig sind. Das Landgericht hat die Klage mit Ausnahme der die Preiserhöhung zum 1. Oktober 2007 betreffenden Feststellung abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers, mit der er sein Klageziel im Umfang der Klageabweisung weiterverfolgt und zusätzlich die Feststellung begehrt hat, dass der Gaspreis insgesamt im streitgegenständlichen Zeitraum unwirksam und nicht fällig gewesen ist, zurückgewiesen.

Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt: Bei dem Versorgungsverhältnis des Klägers handele es sich nicht um einen Tarifkundenvertrag im Sinne des § 1 Abs. 2 AVBGasV*, sondern um einen Normsonderkundenvertrag. Die Preiserhöhungen der Beklagten seien wirksam. Eine Preisänderungsbefugnis ergebe sich aus Nr. 3 der in das Gaslieferungsverhältnis wirksam einbezogenen "Bedingungen für ESWE KOMFORT GAS" in Verbindung mit § 4 AVBGasV**. Dieses der Beklagten im Wege der Verweisung eingeräumte Preisänderungsrecht nach § 4 AVBGasV** halte einer Inhaltskontrolle stand.

In die anschließende, auch dem Sonderkunden zustehende Billigkeitsprüfung nach § 315 BGB*** seien die Preisbestimmungen der Beklagten nur insoweit einzubeziehen, als es sich um Preiserhöhungen auf den bis zum 29. November 2003 entstandenen Preissockel handele. Der Preissockel aus der Zeit zuvor sei der Billigkeitskontrolle entzogen, weil insoweit kein einseitig bestimmter, sondern ein vereinbarter Preis vorliege, denn der Kläger habe die auf erhöhten Tarifen basierenden Jahresrechnungen unbeanstandet hingenommen und weiterhin Gas bezogen, ohne in angemessener Zeit eine Überprüfung der Billigkeit zu verlangen. Für die der Kontrolle unterfallenden Gaspreiserhöhungen ab dem 30. November 2003 sei die Billigkeit der seitens der Beklagten vorgenommenen Preisänderung zu bejahen, da die Beklagte lediglich gestiegene Betriebskosten an die Kunden weitergegeben habe.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine zuletzt gestellten Klageanträge weiter.

 

*Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Gasversorgung von Tarifkunden (AVBGasV)

*§ 1: Gegenstand der Verordnung

(1) Die allgemeinen Bedingungen, zu denen Gasversorgungsunternehmen nach § 6 Abs. 1 des Energiewirtschaftsgesetzes jedermann an ihr Versorgungsnetz anzuschließen und zu allgemeinen Tarifpreisen zu versorgen haben, sind in den §§ 2 bis 34 dieser Verordnung geregelt. Sie sind Bestandteil des Versorgungsvertrages.

(2) Kunde im Sinne dieser Verordnung ist der Tarifkunde.

 

**§ 4: Art der Versorgung

(1) Das Gasversorgungsunternehmen stellt zu den jeweiligen allgemeinen Tarifen und Bedingungen Gas zur Verfügung. Der Brennwert mit der sich aus den Erzeugungs- oder Bezugsverhältnissen des Unternehmens ergebenden Schwankungsbreite sowie der für die Versorgung des Kunden maßgebende Ruhedruck des Gases bestimmen sich nach den allgemeinen Tarifen.

(2) Änderungen der allgemeinen Tarife und Bedingungen werden erst nach öffentlicher Bekanntgabe wirksam.

 

***§ 315 Bestimmung der Leistung durch eine Partei

(1) Soll die Leistung durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel anzunehmen, dass die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.

(2) Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.

(3) Soll die Bestimmung nach billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen Teil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urteil getroffen; das Gleiche gilt, wenn die Bestimmung verzögert wird.

Verhandlungstermin: 9. Februar 2011

VIII ZR 155/10

AG Hamburg – St. Georg - Urteil vom 5. August 2009 - 919 C 101/09

LG Hamburg - Urteil vom 10. Juni 2010 - 334 S 46/09

Die Beklagte ist seit 1995 Mieterin einer Wohnung in der Ried-Siedlung in Hamburg, die ursprünglich aus zahlreichen Wohneinheiten bestand. Die Klägerin erwarb die Ried-Siedlung inklusive der an die Beklagte vermieteten Wohnung im Jahr 1996. Sie will die Siedlung abreißen und an deren Stelle moderne, öffentlich geförderte Neubauwohnungen errichten. Mit Ausnahme eines Teils der Riedsiedlung, der mit geringen Sanierungsmaßnahmen instand gesetzt wurde und erhalten geblieben ist, hat die Klägerin ihr Ziel auch bereits umgesetzt. Nur der Wohnblock, in dem sich die von der Beklagten bewohnte Wohnung sowie acht weitere, bereits leer stehende Wohneinheiten befinden, wurde bislang nicht abgerissen. Die Klägerin kündigte den Mietvertrag mit der Beklagten gestützt auf § 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB* durch Schreiben vom 31. Januar 2008.

Das Amtsgericht hat die Räumungsklage der Klägerin abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die von der Klägerin mit Schreiben vom 31. Januar 2008 erklärte Kündigung sei wirksam. Dem stehe in formeller Hinsicht nicht entgegen, dass die Klägerin in dem Kündigungsschreiben die bei einer Sanierung des von der Beklagten bewohnten Gebäudes entstehenden Kosten nicht mitgeteilt habe. Die Klägerin habe in dem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Wohnungen nach heutigen Maßstäben unzulässig niedrige Raumhöhen aufwiesen, die Belichtung in Folge der Fensterformate mangelhaft sei und die Bausubstanz Schäden durch Setzrisse, Schimmelbildung und Vandalismus aufweise. Zusammen mit der Aufzählung von Baumaßnahmen, die für eine Modernisierung erforderlich wären, stelle dies eine hinreichende Begründung für den Abriss und Neubau dar. Die Kündigung sei auch in der Sache berechtigt, da die Klägerin durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit der Beklagten an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert werde und dadurch erhebliche Nachteile erleide. Eine Sanierung stelle keine wirtschaftlich angemessene Alternative dar, weil auch durch eine Sanierung lediglich ein baulicher Zustand geschaffen würde, der mit den heutigen Wohnbedürfnissen nicht in Einklang stünde. Auch mit einer grundlegenden Sanierung werde keine einem Neubau vergleichbare Restnutzungsdauer erreicht.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

*§ 573 BGB: Ordentliche Kündigung des Vermieters

  (1) Der Vermieter kann nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Kündigung zum Zwecke der Mieterhöhung ist ausgeschlossen.

  (2) Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt insbesondere vor, wenn

1. (…)

3. der Vermieter durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden würde; die Möglichkeit, durch eine anderweitige Vermietung als Wohnraum eine höhere Miete zu erzielen, bleibt außer Betracht; der Vermieter kann sich auch nicht darauf berufen, dass er die Mieträume im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder nach Überlassung an den Mieter erfolgten Begründung von Wohnungseigentum veräußern will.

  (3) Die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters sind in dem Kündigungsschreiben anzugeben. Andere Gründe werden nur berücksichtigt, soweit sie nachträglich entstanden sind. (…)

Verkündungstermin: 10. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 4. November 2010)

I ZR 213/08

LG Kiel - Urteil vom 28. Juli 2006 - 14 O Kart. 176/04

OLG Schleswig - Urteil vom 20. Mai 2008 - 6 U 54/06

Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft. Sie wendet sich dagegen, dass die Beklagte, die Betreiberin des Flughafens Lübeck, der Fluggesellschaft Ryanair – abweichend von ihrer Entgeltordnung – Sonderkonditionen für die Inanspruchnahme von Flughafenleistungen in den Jahren 2000–2004 gewährt haben soll. Die Konditionen für Ryanair sind der Europäischen Kommission nicht gemäß Art. 88 Abs. 3 EGV* als Beihilfe notifiziert worden. In den Jahren 2001-2004 führte die Klägerin eine Vielzahl von Flügen von und nach Lübeck durch, wofür sie Vergütungen nach der jeweils geltenden Entgeltordnung der Beklagten entrichtete. Sie macht geltend, aufgrund des Wettbewerbsnachteils zur Einstellung ihrer Flugverbindungen nach Hamburg und Mailand gezwungen gewesen zu sein. Sie begehrt im Wege der Stufenklage Auskunft über die Ryanair gewährten Vorteile und Verurteilung der Beklagten zur Rückforderung der Beihilfen.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Auskunft verurteilt. Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB** kämen nicht in Betracht, weil Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EGV kein Schutzgesetz sei. Kartellrechtliche Ansprüche seien nicht gegeben, weil die Beklagte nicht über eine marktbeherrschende Stellung verfüge. Für Ansprüche aus dem UWG fehle es an der Mitbewerbereigenschaft der Beklagten.

* Artikel 88 Abs. 3 Satz 3 EGV

….

(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, daß sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, daß ein derartiges Vorhaben nach Artikel 87 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

** § 823 BGB

Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Verkündungstermin: 10. Februar 2011

(Verhandlungstermin: 4. November 2010)

I ZR 136/09

LG Bad Kreuznach – Urteil vom 16. Mai 2007 - 2 O 441/06

OLG Koblenz – Urteil vom 25. Februar 2009- 4 U 759/07

Die Klägerin ist eine Fluggesellschaft. Die Beklagte betreibt den Flughafen Hahn. Zu ihren Gesellschaftern gehören die Länder Rheinland-Pfalz und Hessen. Die Klägerin wendet sich gegen Konditionen, die die Beklagte der Fluggesellschaft Ryanair nach Maßgabe ihrer Entgeltordnungen eingeräumt hat sowie gegen Zahlungen der Beklagten an Ryanair als "Marketing-Support". Die Klägerin hält diese Konditionen und Zahlungen für unzulässige staatliche Beihilfen. Die Klägerin verlangt Auskunft über die Ryanair ihrer Ansicht nach gewährten Vorteile, Rückforderung von Beihilfen sowie Unterlassung.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen. Art. 88 Abs. 3 Satz 3 EGV komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Allenfalls komme bei Nichtigkeit der Beihilfegewährung eine Rückforderung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen in Betracht. Art. 87, 88 EGV* stellten keine Schutzgesetze i. S. des § 823 Abs. 2 BGB** dar. Ein Anspruch aus § 33 GWB*** wegen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung sei nicht gegeben.

*Art. 87 Abs. 1 EGV

[Unzulässigkeit von Beihilfen; Ausnahmen]

(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(2) Mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind:

a)Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Waren gewährt werden;

b)Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind;

c)Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind.

(3) Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:

a)Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;

b)Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;

c)Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;

d)Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;

e)sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.

Artikel 88 EGV

(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern.

(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, daß eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 87 unvereinbar ist oder daß sie mißbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, daß der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat.

Kommt der betreffende Staat dieser Entscheidung innerhalb der festgesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission oder jeder betroffene Staat in Abweichung von den Artikeln 226 und 227 den Gerichtshof unmittelbar anrufen.

Der Rat kann einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats entscheiden, daß eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung von Artikel 87 oder von den nach Artikel 89 erlassenen Verordnungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände eine solche Entscheidung rechtfertigen. Hat die Kommission bezüglich dieser Beihilfe das in Unterabsatz 1 dieses Absatzes vorgesehene Verfahren bereits eingeleitet, so bewirkt der Antrag des betreffenden Staates an den Rat die Aussetzung dieses Verfahrens, bis der Rat sich geäußert hat.

Äußert sich der Rat nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung, so entscheidet die Kommission.

(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, daß sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, daß ein derartiges Vorhaben nach Artikel 87 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

** § 823 BGB

Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

*** § 33 GWB

Unterlassungsanspruch, Schadensersatzpflicht

(1) Wer gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes, gegen Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft oder eine Verfügung der Kartellbehörde verstößt, ist dem Betroffenen zur Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr zur Unterlassung verpflichtet. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine Zuwiderhandlung droht. Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist.

(2) Die Ansprüche aus Absatz 1 können auch geltend gemacht werden von rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, soweit sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt.

(3) Wer einen Verstoß nach Absatz 1 vorsätzlich oder fahrlässig begeht, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Wird eine Ware oder Dienstleistung zu einem überteuerten Preis bezogen, so ist der Schaden nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Ware oder Dienstleistung weiterveräußert wurde. Bei der Entscheidung über den Umfang des Schadens nach § 287 der Zivilprozessordnung kann insbesondere der anteilige Gewinn, den das Unternehmen durch den Verstoß erlangt hat, berücksichtigt werden. Geldschulden nach Satz 1 hat das Unternehmen ab Eintritt des Schadens zu verzinsen. Die §§ 288 und 289 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs finden entsprechende Anwendung.

(4) Wird wegen eines Verstoßes gegen eine Vorschrift dieses Gesetzes oder Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Schadensersatz begehrt, ist das Gericht insoweit an die Feststellung des Verstoßes gebunden, wie sie in einer bestandskräftigen Entscheidung der Kartellbehörde, der Kommission der Europäischen Gemeinschaft oder der Wettbewerbsbehörde oder des als solche handelnden Gerichts in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft getroffen wurde. Das Gleiche gilt für entsprechende Feststellungen in rechtskräftigen Gerichtsentscheidungen, die infolge der Anfechtung von Entscheidungen nach Satz 1 ergangen sind. Entsprechend Artikel 16 Abs. 1 Satz 4 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gilt diese Verpflichtung unbeschadet der Rechte und Pflichten nach Artikel 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

(5) Die Verjährung eines Schadensersatzanspruchs nach Absatz 3 wird gehemmt, wenn die Kartellbehörde wegen eines Verstoßes im Sinne des Absatzes 1 oder die Kommission der Europäischen Gemeinschaft oder die Wettbewerbsbehörde eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft wegen eines Verstoßes gegen Artikel 81 oder 82 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ein Verfahren einleitet. § 204 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

Verhandlungstermin: 10. Februar 2011

I ZR 164/09

LG Dresden - 42 HKO 42/08 vom 8. April 2009

OLG Dresden - 14 U 721/09 vom 22. September 2009

Die Beklagte hatte sich gegenüber der Klägerin im Jahr 2003 strafbewehrt verpflichtet, es zu unterlassen, Verbraucher anderer Krankenkassen ohne deren Einverständnis zu Werbezwecken anzurufen. Im September 2008 erhielten zwei Verbraucher Werbeanrufe von durch die Beklagte beauftragten Unternehmen. Die Daten stammten aus Gewinnspielen, bei denen man sein Einverständnis mit der Verwendung der Daten für Marketingzwecke erklären konnte. Die Beklagte hat behauptet, die Einwilligung im sog. "Double-Opt-In"-Verfahren erhalten zu haben: So habe eine Verbraucherin an einem Gewinnspiel teilgenommen, dort ihre Telefonnummer angegeben und das nicht vorbelegte Feld mit einer Einverständniserklärung markiert. Daraufhin sei ihr unter der angegebenen Adresse eine E-Mail mit dem Hinweis auf die Einschreibung für das Gewinnspiel zugegangen (sog. "Check-Mail"), die sie bestätigt habe. Entsprechend sei der andere Verbraucher verfahren.

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung der Vertragsstrafe in Anspruch. Damit war sie in den Vorinstanzen erfolgreich.

Verhandlungstermin: 10. Februar 2011

I ZR 140/09

LG Köln - 28 O 483/06 vom 3. Dezember 2008

OLG Köln - 6 U 225/08 vom 28. August 2009

Die Klägerin entwickelt und vertreibt Lernsysteme unter den Marken BambinoLÜK, MiniLÜK und PocketLÜK. Diese bestehen jeweils aus einem Kontrollgerät und Aufgaben- oder Übungsheften. Die Beklagte ist ein Verlagsunternehmen, das ebenfalls Lernsysteme unter dem Zeichen "Logolino" herstellt und über Discounter vertreibt. Die Klägerin hält ihre Lernspiele für als wissenschaftliche Darstellungen urheberrechtlich geschützt und meint, die von der Beklagten vertriebenen Spiele seien Nachahmungen. Ferner beruft sie sich auf §§ 4 Nr. 9 a) und b) UWG*. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung, Feststellung der Schadensersatzpflicht, Ersatz der Abmahnkosten und Herausgabe zur Vernichtung in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Dabei hat es unterstellt, dass die Kontrollgeräte als wissenschaftliche Darstellungen gem. § 2 Abs. 1 Satz 7 UrhG** urheberrechtlich geschützt seien, eine Übernahme durch die Beklagte aber verneint. Die Idee einer Fehlerkontrolle mittels Kippschaltern bzw. beidseitig bedruckten Plättchen sei nur insoweit geschützt, als sie in einer geistig-wahrnehmbaren Formgestaltung verkörpert sei; in ihrer Gestaltung wichen die Geräte der Parteien aber erheblich voneinander ab. Im Hinblick auf diese Frage sei die Revision zuzulassen, nicht aber im Hinblick auf die wettbewerbsrechtlichen Ansprüche, die das Berufungsgericht ebenfalls verneint hat.

* § 4 UWG -  Beispiele unlauterer geschäftlicher Handlungen

Unlauter handelt insbesondere, wer

9.

Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er

a)

eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt,

b)

die Wertschätzung der nachgeahmten Ware oder Dienstleistung unangemessen ausnutzt oder beeinträchtigt oder

c)

die für die Nachahmung erforderlichen Kenntnisse oder Unterlagen unredlich erlangt hat;

** § 2 UrhG

§ 2 Geschützte Werke

(1) Zu den geschützten Werken der Literatur, Wissenschaft und Kunst gehören insbesondere:

7.

Darstellungen wissenschaftlicher oder technischer Art, wie Zeichnungen, Pläne, Karten, Skizzen, Tabellen und plastische Darstellungen.

….

Verhandlungstermin: 15. Februar 2011

II ZR 237/09

LG Frankfurt a. M. – 3/5 O 357/07 – Urteil vom 16. Mai 2008

OLG Frankfurt a. M. – 5 U 69/08 – Urteil vom 29. September 2009

und

II ZR 244/09

LG Frankfurt a. M. – 3/5 O 95/08 – Urteil vom 25. Juli 2008

OLG Frankfurt a. M. –5 U 107/08 – Urteil vom 29. September 2009

Die Kläger waren Aktionäre der Wella AG, die mit der Beklagten als herrschendem Unternehmen 2004 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hatte. Die Beklagte schuldete nach dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eine Ausgleichszahlung in Höhe von 3,83 € je Vorzugsaktie. Der Ausgleich sollte jeweils am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der Wella AG für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig werden, das vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30. Juni des Folgejahres dauerte.

In der Hauptversammlung der Wella AG vom 13./14. Dezember 2005 wurde die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die beklagte Hauptaktionärin gegen eine Barabfindung von 80,37 € je Stückaktie beschlossen. Der Übertragungsbeschluss wurde am 12. November 2007 ins Handelsregister eingetragen und am folgenden Tag bekannt gemacht. Am 23. Januar 2008 fand die ordentliche Hauptversammlung der Wella AG für das Geschäftsjahr 2006/07 statt.

Die Kläger haben mit der Klage u. a. Zahlung des Ausgleichs für das Geschäftsjahr 2006/07, im Verfahren II ZR 244/09 außerdem anteilig bis zur Eintragung des Übertragungsbeschlusses für das Geschäftsjahr 2007/08 verlangt. Das Landgericht hat der Klage auf Zahlung des Ausgleichs für das Geschäftsjahr 2006/07 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Klagen insgesamt abgewiesen. Der Ausgleich werde am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig. Da die Kläger am Tag nach der Hauptversammlung vom 23. Januar 2008 infolge der Übertragung der Aktien auf die Beklagte nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses am 12. November 2007 nicht mehr Aktionäre der Wella AG gewesen seien, stehe ihnen für die Geschäftsjahre 2006/07 und 2007/08 kein Ausgleich zu.

Mit der vom Bundsgerichtshof zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Ansprüche weiter.

Verkündungstermin: 22. Februar 2011

(vormals: Verkündungstermin: 8. Februar 2011)

(Verhandlungstermin: 11. Januar 2011)

XI ZR 8/09

LG Berlin - Urteil vom 28. Februar 2007 - 4 O 24/05

KG Berlin - Urteil vom 21. November 2008 - 4 U 59/07

und

XI ZR 53/09

LG Duisburg - Urteil vom 10. November 2006 - 10 O 623/05

OLG Düsseldorf - Urteil vom 30. Januar 2009 - I-17 U 271/06

und

XI ZR 57/09

LG Berlin - Urteil vom 3. Mai 2006 - 4 O 97/05

KG Berlin - Urteil vom 3. Februar 2009 - 4 U 138/06

Bei den ursprünglich 11 verhandelten Sachen handelt es sich um Parallelverfahren, in denen die Kläger die Beklagte - eine Bausparkasse - auf Rückabwicklung kreditfinanzierter Immobilienkäufe (sog. "Schrottimmobilien") in Anspruch nehmen.

Die Fallgestaltungen sind derjenigen vergleichbar, die der Entscheidung des Senats vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08) zugrunde lag (vgl. Pressemitteilung Nr. 133/2010). Dort hat der Senat ein Berufungsurteil bestätigt, das eine arglistige Täuschung der Anleger über die Höhe der Vertriebsprovisionen durch Angaben im sog. "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" bejaht und damit eine Schadensersatzpflicht der Beklagten wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung angenommen hat. Nach dem bundesweit verwendeten "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" soll der Auftrag "durch die in Punkt 4. und 5. der nachfolgenden Aufstellung benannten Firmen zu den dort genannten Gebührensätzen ausgeführt werden". Der Senat hat dieses Formular dahingehend ausgelegt, dass die dort genannten Gebührensätze aus Sicht der Anleger die Gesamtprovisionen angeben, zu denen die jeweiligen Firmen den Auftrag insgesamt ausführen sollen. Fließen an die Firmen tatsächlich höhere Provisionszahlungen, sind die dortigen Angaben daher unrichtig.

In den nun zur Verkündung anstehenden drei Parallelverfahren, bei denen dieser "Objekt- und Finanzierungsvermittlungsauftrag" ebenfalls zum Einsatz kam, haben die Berufungsgerichte ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden der Beklagten hinsichtlich der Höhe der Vertriebsprovisionen verneint. Mit den vom Senat im Hinblick auf die Entscheidung vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08) zugelassenen Revisionen haben die Kläger ihr auf Schadensersatz gerichtetes Klagebegehren weiterverfolgt.

Verhandlungstermin: 1. März 2011

XI ZR 96/09

LG Karlsruhe - Urteil vom 22. Februar 2008 - 10 O 583/06

OLG Karlsruhe - Urteil vom 18. Februar 2009 - 17 U 355/08

Der Kläger nimmt aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau die Beklagte, eine Bausparkasse, auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Von Vermittlern geworben, erwarben der Kläger und seine Ehefrau im Jahr 1996 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahmen sie bei der L-Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 87.000 DM auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Die Auszahlung des Darlehens war nach den Vertragsbestimmungen unter anderem davon abhängig, dass die Eheleute einer Mieteinnahmengemeinschaft ("Mietpool") beitraten. Das Darlehen wurde ab dem 1. August 2003 von der Beklagten übernommen.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der Beklagten unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zahlungen sowie die Feststellung, dass aus dem Darlehensvertrag keine Ansprüche mehr bestehen und dass ihm die Beklagte den gesamten Schaden zu ersetzen hat. Er stützt sich dabei insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat dem Zahlungsbegehren - unter Abzug der von dem Kläger und seiner Ehefrau erlangten Steuervorteile - in Höhe von 13.902,43 € teilweise, den Feststellungsanträgen vollumfänglich stattgegeben. Dabei ist es davon ausgegangen, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung von Aufklärungspflichten gegen die Beklagte zustehe, da er und seine Ehefrau durch die Vermittler arglistig über die Höhe der voraussichtlich zu erzielenden Mietpoolausschüttungen getäuscht worden seien. Es sei davon auszugehen, dass der Beklagten, die mit dem Vertrieb in institutionalisierter Weise zusammengearbeitet habe, diese arglistige Täuschung bekannt gewesen sei.

Mit der - vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen - Revision begehrt der Kläger die weitergehende Verurteilung der Beklagten ohne Berücksichtigung der vom Berufungsgericht von seinem Schadensersatzanspruch in Abzug gebrachten Steuervorteile. Dazu wird der Senat voraussichtlich Stellung zu nehmen haben. Die Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen dem Kläger die im Zusammenhang mit der erworbenen Immobilie erzielten Steuervorteile schadensmindernd anzurechnen sind, stellt sich auch in einer Vielzahl von gleich gelagerten Fällen.

Verhandlungstermin: 2. März 2011

VIII ZR 164/10

AG Berlin-Mitte - Urteil vom 15. September 2009 - 8 C 63/09

LG Berlin - Urteil vom 25. Juni 2010 - 63 S 530/09

Die Beklagte ist Mieterin einer im zweiten Obergeschoss gelegenen Wohnung des Klägers in Berlin. Mit Schreiben vom 29. September 2009 erhöhte der Kläger die Grundmiete von 338,47 € um 120,78 € wegen der ihm entstandenen Kosten für den Einbau eines Fahrstuhls. Der Kläger hatte die Modernisierungsmaßnahme zunächst mit Schreiben vom 9. September 2007 angekündigt. Auf den Widerspruch der Beklagten hatte der Kläger seine Modernisierungsankündigung im Februar 2008 zurückgezogen, ließ aber dennoch den Fahrstuhl einbauen. Infolge dessen reduzierte sich die Zahl der von der Beklagten bis zu ihrer Wohnung zu steigenden Stufen von 53 auf 28. Die Beklagte zahlte die Mieterhöhung in der Folgezeit nicht.

Mit seiner Klage begehrt der Vermieter Zahlung des Erhöhungsbetrags für die Monate Juni, Juli und August 2009. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Die Miete sei durch das Schreiben vom 29. September 2009 gemäß § 559 BGB* wirksam erhöht worden, denn der Einbau eines zuvor nicht vorhandenen Fahrstuhls stelle nach den zugrunde zu legenden objektiven Maßstäben eine Modernisierung der Mietsache dar. Einer Mieterhöhung stehe nicht entgegen, dass der Erhöhungserklärung keine Ankündigung der Modernisierungsmaßnahme gemäß § 554 Abs. 3 BGB** vorausgegangen sei. Die Mitteilungspflicht diene nicht der Beschränkung der Befugnis des Vermieters, die Modernisierungskosten auf den Mieter umzulegen. Letztlich liege angesichts des Nettoeinkommens der Beklagten von 1.600 € auch noch keine finanzielle Härte vor.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

*§ 559 BGB: Mieterhöhung bei Modernisierung

  (1) Hat der Vermieter bauliche Maßnahmen durchgeführt, die den Gebrauchswert der Mietsache nachhaltig erhöhen, die allgemeinen Wohnverhältnisse auf Dauer verbessern oder nachhaltig Einsparungen von Energie oder Wasser bewirken (Modernisierung), oder hat er andere bauliche Maßnahmen auf Grund von Umständen durchgeführt, die er nicht zu vertreten hat, so kann er die jährliche Miete um 11 vom Hundert der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.

(…)

**§ 554 BGB: Duldung von Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen

(…)  (2) Maßnahmen zur Verbesserung der Mietsache, zur Einsparung von Energie oder Wasser oder zur Schaffung neuen Wohnraums hat der Mieter zu dulden. Dies gilt nicht, wenn die Maßnahme für ihn, seine Familie oder einen anderen Angehörigen seines Haushalts eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters und anderer Mieter in dem Gebäude nicht zu rechtfertigen ist. Dabei sind insbesondere die vorzunehmenden Arbeiten, die baulichen Folgen, vorausgegangene Aufwendungen des Mieters und die zu erwartende Mieterhöhung zu berücksichtigen. Die zu erwartende Mieterhöhung ist nicht als Härte anzusehen, wenn die Mietsache lediglich in einen Zustand versetzt wird, wie er allgemein üblich ist.

  (3) Bei Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 1 hat der Vermieter dem Mieter spätestens drei Monate vor Beginn der Maßnahme deren Art sowie voraussichtlichen Umfang und Beginn, voraussichtliche Dauer und die zu erwartende Mieterhöhung in Textform mitzuteilen. Der Mieter ist berechtigt, bis zum Ablauf des Monats, der auf den Zugang der Mitteilung folgt, außerordentlich zum Ablauf des nächsten Monats zu kündigen. (…)

Verhandlungstermin: 2. März 2011

VIII ZR 209/10

AG Charlottenburg - Urteil vom 17. Dezember 2009 - 211 C 334/09

LG Berlin - Urteil vom 13. Juli 2010 - 65 S 28/10

Der Kläger ist seit 2006 Mieter einer vollständig möblierten und mit umfassendem Hausrat eingerichteten Wohnung des Beklagten in Berlin. Die monatlich zu zahlende Kaltmiete beträgt 560 €, hinzu kommen ein Heizkostenvorschuss von 15 € und ein Stromkostenvorschuss von 25 €. Im Mietvertrag wurde die Größe der Wohnung mit ca. 50 m² angegeben. Die tatsächliche Wohnfläche beträgt jedoch nur 44,3 m².

Der Kläger hält wegen der Flächenabweichung von 11,5 % eine Minderung der Kaltmiete in entsprechender Höhe für berechtigt und forderte mit Schreiben von Mai 2009 eine teilweise Rückzahlung des Mietzinses für die gesamte Mietzeit in Höhe von 1.964,20 €. Der Beklagte meint u. a., in der Kaltmiete sei ein Möblierungszuschlag enthalten, weswegen die Miete nur um insgesamt 736,58 € gemindert sei. Diesen Betrag hat er dem Kläger erstattet.

Mit seiner Klage hat der Kläger den Beklagten auf Zahlung des Differenzbetrages in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage in Höhe von 288,22 € stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Für die Minderung der Miete sei von der Gesamtmiete ohne den Stromkostenvorschuss auszugehen. Der Umfang der Minderung entspreche vorliegend allerdings ausnahmsweise nicht dem Umfang der Flächenabweichung, sondern betrage nur 5,8 %. Die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung sei angesichts der – trotz geringerer Wohnfläche – vollständig vorhandenen Einrichtung nicht so erheblich beeinträchtigt wie bei einer leer vermieteten Wohnung.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Verhandlungstermin: 3. März 2011

I ZR 167/09

OLG Köln - 6 U 95/09 vom 2. Oktober 2009

LG Bonn - 14 O 18/09 vom 23. April 2009

Die Beklagte versandte an Verbraucher unaufgefordert persönlich adressierte Werbeschreiben, denen eine auf den Namen des Verbrauchers ausgestellte VISA-Karte beigefügt war. In dem Schreiben wurde der Verbraucher aufgefordert, den ebenfalls beigefügten Freischaltungsauftrag zurückzusenden und die Karte zu unterschreiben. Am Ende hieß es: "Als besonderes Dankeschön schenken wir Ihnen den 1. Jahresbeitrag… in Höhe von 49 Euro." Der Kläger greift diese Werbemaßnahme insbesondere als unsachliche Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers (§ 4 Nr. 1 UWG) an. Zudem führe der Begriff "Freischaltauftrag" in die Irre (§ 5 Abs. 2 UWG). Von der Werbung gehe schließlich eine unzumutbare Belästigung aus (§ 7 Abs. 1 UWG).

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen.

Verhandlungstermin: 9. März 2011

VIII ZR 266/09

LG Hof - Urteil vom 3. November 2008 – 32 O 1297/04

OLG Bamberg - Urteil vom 26. August 2009 – 8 U 193/08

Der Kläger leaste von einer Leasinggesellschaft ein Neufahrzeug Audi S4, das die Gesellschaft bei der beklagten Kraftfahrzeughändlerin erwarb. Die Gewährleistungsansprüche bezüglich des Pkw wurden von der Leasinggesellschaft an den Kläger abgetreten. Bereits kurz nach Übergabe monierte der Kläger verschiedene Mängel, darunter einen Fehler des Motors, der sich in Zündaussetzern, sporadischem Leistungsverlust und Ruckeln des Motors zeige. Die Beklagte führte mehrfach Nachbesserungsarbeiten durch. Der Kläger behauptet, dass der Mangel auch durch die Reparaturversuche der Beklagten nicht beseitigt worden sei. Nach Rücktritt vom Kaufvertrag begehrt er von der Beklagten aus abgetretenem Recht die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich der erlangten Gebrauchsvorteile. Im Rahmen der während des Prozesses erfolgten Beweiserhebung mittels eines Sachverständigengutachtens stellte der Sachverständige erstmals bei der dritten Begutachtung des Fahrzeugs den vom Kläger beschriebenen Mangel fest. Der Sachverständige konnte jedoch nicht angeben, wann dieser Mangel erstmalig aufgetreten war und auf welche Ursache er zurückzuführen ist.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Der Kläger habe nicht beweisen können, dass die von der Beklagten durchgeführten Nachbesserungsarbeiten fehlgeschlagen seien. Es sei ungeklärt, ob der vom Sachverständigen im Prozess festgestellte Mangel an dem Fahrzeug auf der erfolglosen Nachbesserung der Beklagten beruhe oder auf eine neue Mängelursache zurückzuführen sei. Diese Ungewissheit gehe zu Lasten des Klägers.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Verhandlungstermin: 15. März 2011

X ZR 99/10

AG Rüsselsheim - Urteil vom 05. November 2009 – 3 C 1216/08 (32)

LG Darmstadt - Urteil vom 16. Juni 2010 – 7 S 225/09

Die Klägerin verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen aus eigenem und abgetretenem Recht Schadensersatz für den Verlust von Golfgepäck.

Sie war am 31. August 2008 mit einem von der Beklagten durchgeführten Flug zusammen mit ihrem Lebensgefährten von Frankfurt am Main nach Malaga geflogen. Dabei ging die von der Klägerin als Reisegepäck aufgegebene Golfreisetasche verloren. In der Tasche befand sich außer ihrer eigenen auch die Golfausrüstung ihres Lebensgefährten. Die Beklagte hat der Klägerin für den Verlust der Reisetasche samt Inhalt Ersatz in Höhe von 232 € geleistet und mit Schreiben vom 21. Mai 2008 jeden weiteren Schadensersatz abgelehnt.

Die Klägerin hat für den Verlust Schadensersatz in Höhe von 2.257 € begehrt, abzüglich der von der Beklagten bereits gezahlten 232 €.

Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich der über den Haftungshöchstbetrag nach dem Montrealer Übereinkommen (MÜ) hinausgehenden Schadensersatzforderung und der Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe lediglich der vom Amtsgericht zugesprochene Schadensersatz in Höhe des Haftungshöchstbetrags nach Art. 22 MÜ* zu. Darüber hinaus könne sie weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht Schadensersatz verlangen. Bei Zerstörung, Verlust oder Beschädigung von aufgegebenem Reisegepäck sei Anspruchsberechtigter derjenige, der das Gepäck aufgegeben und dadurch zum Objekt des Luftbeförderungsvertrags gemacht habe. Es müsse eine Verbindung zwischen dem Reisenden und dem Gepäck, das auch aus mehreren Stücken bestehen könne, gegeben sein. Diese Zuordnung werde durch den Gepäckschein dokumentiert, der ein Legitimationspapier im Sinne des § 808 BGB** sei. Es sei zwar regelmäßig anzunehmen, dass dem Reisenden, der das Gepäck aufgebe, die verloren gegangenen Sachen auch gehörten. Aufgrund des verfassungsrechtlich garantierten Schutzes des Eigentums müsse aber auch ein Passagier, der zwar einen eigenen Luftbeförderungsvertrag geschlossen habe, aber nicht von ihm selbst aufgegebenes Gepäck, sondern Eigentum im Gepäck eines Mitreisenden verloren habe, Schadensersatzansprüche gegenüber dem Luftfrachtführer geltend machen können. Dieser Mitreisende könne seinen Anspruch jedoch nur mit den Einschränkungen geltend machen, die das Montrealer Übereinkommen für den Gepäckverlust vorsehe.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin die an sie abgetretenen Ersatzansprüche ihres Lebensgefährten für den Gepäckverlust in Höhe von 750 € weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.

*Art. 22 MÜ - Haftungshöchstbeträge bei Verspätung sowie für Reisegepäck und Güter

(1)  Für Verspätungsschäden im Sinne des Artikels 19 haftet der Luftfrachtführer bei der Beförderung von Personen nur bis zu einem Betrag von 4150 Sonderziehungsrechten je Reisenden.

(2)  Bei der Beförderung von Reisegepäck haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur bis zu einem Betrag von 1000 Sonderziehungsrechten je Reisenden; diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Reisende bei der Übergabe des aufgegebenem Reisegepäcks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Reisenden an der Ablieferung am Bestimmungsort.

(3)  Bei der Beförderung von Gütern haftet der Luftfrachtführer für Zerstörung, Verlust, Beschädigung oder Verspätung nur zu einem Betrag von 17 Sonderziehungsrechten für das Kilogramm; diese Beschränkung gilt nicht, wenn der Absender bei der Übergabe des Frachtstücks an den Luftfrachtführer das Interesse an der Ablieferung am Bestimmungsort betragsmäßig angegeben und den verlangten Zuschlag entrichtet hat. In diesem Fall hat der Luftfrachtführer bis zur Höhe des angegebenen Betrags Ersatz zu leisten, sofern er nicht nachweist, dass dieser höher ist als das tatsächliche Interesse des Absenders an der Ablieferung am Bestimmungsort.

(4)  Im Fall der Zerstörung, des Verlusts, der Beschädigung oder der Verspätung eines Teiles der Güter oder irgendeines darin enthaltenen Gegenstands ist für die Feststellung, bis zu welchem Betrag der Luftfrachtführer haftet, nur das Gesamtgewicht der betroffenen Frachtstücke maßgebend. Beeinträchtigt jedoch die Zerstörung, der Verlust, die Beschädigung oder die Verspätung eines Teiles der Güter oder eines darin enthaltenen Gegenstands den Wert anderer Frachtstücke, die in demselben Luftfrachtbrief oder derselben Empfangsbestätigung oder, wenn diese nicht ausgestellt wurden, in den anderen Aufzeichnungen im Sinne des Artikels 4 Absatz 2 aufgeführt sind, so ist das Gesamtgewicht dieser Frachtstücke für die Feststellung, bis zu welchem Betrag der Luftfrachtführer haftet, maßgebend.

(5)  Die Absätze 1 und 2 finden keine Anwendung, wenn nachgewiesen wird, dass der Schaden durch eine Handlung oder Unterlassung des Luftfrachtführer oder seiner Leute verursacht worden ist, die entweder in der Absicht, Schaden herbeizuführen, oder leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen wurde, dass wahrscheinlich ein Schaden eintreten wird; im Fall einer Handlung oder Unterlassung der Leute ist außerdem nachzuweisen, dass diese in Ausführung ihrer Verrichtungen gehandelt haben.

(6)  Die in Artikel 21 und in diesem Artikel festgesetzten Haftungsbeschränkungen hindern das Gericht nicht, zusätzlich nach seinem Recht einen Betrag zuzusprechen, der ganz oder teilweise den vom Kläger aufgewendeten Gerichtskosten und sonstigen Ausgaben für den Rechtsstreit, einschließlich der Zinsen, entspricht. Dies gilt nicht, wenn der zugesprochene Schadensersatz ohne Berücksichtigung der Gerichtskosten und der sonstigen Ausgaben für den Rechtsstreit, den Betrag nicht übersteigt, den der Luftfrachtführer dem Kläger schriftlich innerhalb einer Frist von sechs Monaten seit dem Ereignis, das den Schaden verursacht hat, oder, falls die Klage nach Ablauf dieser Frist erhoben worden ist, vor ihrer Erhebung angeboten hat.

**§ 808 BGB - Namenspapiere mit Inhaberklausel

(1) Wird eine Urkunde, in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, dass die in der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.

(2) Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein anderes bestimmt ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die in § 802 für die Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.

Verhandlungstermin: 16. März 2011

VIII ZR 10/10

LG Hannover - Urteil vom 10. Februar 2009- 26 O 51/08

OLG Celle - Urteil vom 10. Dezember 2009 - 11 U 50/09

und

VIII ZR 11/10

LG Hannover - Urteil vom 02. März 2009- 24 O 40/08

OLG Celle - Urteil vom 10. Dezember 2009 - 11 U 51/09

Die Kläger waren Handelsvertreter der Beklagten, die ihrerseits Finanzprodukte vertreibt. Sie bezogen zur Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit von der Beklagten verschiedene Gegenstände, unter anderem Werbemittel, Briefpapier und Visitenkarten, die mit dem Logo der Beklagten versehen waren. Zudem überließ die Beklagte den Klägern ein Softwarepaket, für das ein monatliches Entgelt zu entrichten war. Die jeweiligen Bestellungen der Kläger bei der Beklagten sowie das Nutzungsentgelt für das Softwarepaket wurden den Klägern in den jeweiligen Provisionsabrechnungen des Folgemonats berechnet. Dasselbe galt für Kosten von Fortbildungs- und Weiterbildungsveranstaltungen, an denen die Kläger teilnahmen. Zudem zog die Beklagte den Kläger die Kosten für eine von ihr herausgegebene und an die Kunden der Kläger versandte Zeitschrift von den Provisionszahlungen ab. Mit der Klage verlangen die Kläger die von der Beklagten einbehaltenen Beträge heraus.

Das Landgericht hat die Klage im einen Fall (VIII ZR 10/10) vollständig, im anderen Fall mit Ausnahme der Kosten des Softwarepakets abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht die Urteile abgeändert und die Beklagte zur Rückzahlung der einbehaltenen Beträge mit Ausnahme der Kosten für Schulungen und Fortbildungsmaßnahmen verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Der Anspruch der Kläger sei berechtigt, denn die von der Beklagten vorgenommenen Abbuchungen vom Provisionskonto seien gemäß § 86a Abs. 3 HGB* unwirksam.

Gemäß § 86a Abs. 1 HGB* schulde der Unternehmer die kostenlose Überlassung von Unterlagen an den Handelsvertreter, die dieser zur Ausübung seiner Tätigkeit benötige. Der Begriff der Unterlagen sei dabei weit zu fassen. Der Unternehmer müsse grundsätzlich alle produktspezifischen Hilfsmittel aus seiner Sphäre bereitstellen, auf die der Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- und Abschlusstätigkeit und zur Anpreisung der Ware angewiesen sei. Dies sei bei den Gegenständen, welche die Kläger von der Beklagten erhalten hatten, der Fall. Allerdings bestehe kein Anspruch auf die Übernahme der Kosten, die den Klägern für ihre Teilnahme an Seminaren, Schulungen und Fortbildungskursen entstanden seien, denn eine Schulung sei keine "Unterlage" im Sinne des § 86a HGB. Hierbei müsse es sich um körperliche Gegenstände handeln.

Mit den vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgt die Beklagte ihre Anträge auf Klageabweisung weiter. Die Kläger begehren mit der Anschlussrevision auch eine Erstattung der Fortbildungskosten.

* § 86a HGB:

(1) Der Unternehmer hat dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie Muster, Zeichnungen, Preislisten, Werbedrucksachen, Geschäftsbedingungen, zur Verfügung zu stellen.

(3) Von den Absätzen 1 und 2 abweichende Vereinbarungen sind unwirksam.

Verhandlungstermin: 16. März 2011

VIII ZR 146/10

AG Hannover - Urteil vom 12. August 2009 - 564 C 1083/09

LG Hannover - Urteil vom 7. Mai 2010 - 13 S 59/09

Die Beklagten sind seit 2004 Mieter einer Wohnung der Klägerin in Hannover. Die monatlich im Voraus zu zahlende Miete beträgt inklusive einer Nebenkostenvorauszahlung 470 €. Die Beklagten zahlten in den Monaten Dezember 2006, Oktober 2007 und September 2008 keine Miete. Die Klägerin erklärte deswegen mit Schreiben vom 17. November 2008 die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.

Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagten unter anderem auf Räumung der Wohnung und zukünftige monatliche Zahlung von 470 € Nutzungsentschädigung bis zur erfolgten Räumung in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage insoweit abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Räumung der Wohnung, denn ihr habe kein Kündigungsrecht nach § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3b BGB* zugestanden. Zwar hätten sich die Beklagten bei Ausspruch der Kündigung mit mehr als zwei Monatsmieten im Rückstand befunden. Auch bedürfe es grundsätzlich im Falle einer Kündigung wegen Zahlungsverzugs nach § 543 Abs. 3 Nr. 3 BGB* keiner Abmahnung. Angesichts der Besonderheit des vorliegenden Falles, dass die Vermieterin nach Erreichen eines zweimonatigen Mietrückstands im Oktober 2007 elf Monate lang nichts unternommen habe, hätte sie die Beklagten aber vor Ausspruch der Kündigung im November 2008 darauf hinweisen müssen, dass sie nun nicht mehr bereit sei, den Zahlungsrückstand hinzunehmen. Soweit es um zukünftige Zahlungen gehe, sei die Klage unzulässig, da die Beklagten eine entsprechende Zahlungspflicht nicht in Zweifel zögen und keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass sie diese Pflicht wegen Zahlungsunfähigkeit nicht erfüllen könnten.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Erben der Klägerin die Klageanträge weiter.

*§ 543 BGB: Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

  (1) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

  (2) Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn

1. (…)

3. der Mieter

a) (…)

b)in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht. (…)

  (3) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Mietvertrag, so ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten angemessenen Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Dies gilt nicht, wenn

1. (…)eine Frist oder Abmahnung offensichtlich keinen Erfolg verspricht,

3. der Mieter mit der Entrichtung der Miete im Sinne des Absatzes 2 Nr. 3 in Verzug ist. (…)

Verhandlungstermin: 17. März 2011

I ZR 81/09

LG Freiburg - 12 O 153/07 vom 7. März 2008

OLG Karlsruhe - 4 U 49/08 vom 23. September 2008

Der Beklagte warb für Teppiche mit Einführungspreisen, denen jeweils durchgestrichene Preise gegenübergestellt waren. Die Klägerin sieht darin einen Wettbewerbsverstoss, da nicht angegeben sei, bis wann der Einführungspreis gelten solle (§ 4 Nr. 4 UWG), und unklar bleibe, um welchen es sich bei den durchgestrichenen Preisen handele (§ 5 Abs. 1 UWG).

Das Landgericht hat der Klage wegen des auf § 4 Nr. 4 UWG gestützten Vorwurfs stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ersteres bestätigt. Weiter hat es ausgeführt, dass es nicht darauf ankomme, ob auch ein Verstoß gegen § 5 UWG vorliege, da bereits der festgestellte Verstoss das Verbot der ganzen Anzeige rechtfertige; im Übrigen könne aber durchaus der Eindruck entstehen, die durchgestrichenen Preise seien entweder früher verlangt worden oder würden von Konkurrenten gefordert.

Verhandlungstermin: 17. März 2011

3 StR 458/10

LG Stade - 12 KLs 170 Js 18207/09 - Urteil vom 4. August 2010

Die Staatsanwaltschaft Verden (Aller) führte gegen den Geschäftsführer eines Unternehmens ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr und der Bestechung. Das Unternehmen vertreibt u. a. als Hilfsmittel im Sinne der sozialrechtlichen Regelungen eingeordnete Geräte, die zur elektromedizinischen Reizstromtherapie bestimmt sind. Nachdem das Ermittlungsverfahren mit der Begründung eingestellt worden war, der Geschäftsführer sei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum unterlegen, hat die Staatsanwaltschaft in einem selbstständigen Verfallsverfahren beantragt, gegen das Unternehmen Wertersatz in Höhe von 350.225 Euro für verfallen zu erklären.

Das Landgericht Stade hat diesen Antrag als unzulässig verworfen. Nach den von ihm getroffenen Feststellungen schloss das Unternehmen mit der AOK N. Verträge über die Abgabe der Reizstromtherapiegeräte an Patienten zur häuslichen Eigenanwendung. Es stellte zudem niedergelassenen Ärzten hochwertige Apperaturen für deren Praxis zur Verfügung und erließ das hierfür zu zahlende Entgelt vollständig oder teilweise, wenn der Arzt Verordnungen über den Bezug eines Reizstromtherapiegeräts ausstellte und diese dem Unternehmen zukommen ließ. Zwischen September 2004 und November 2008 gingen dem Unternehmen mehr als 70.000 Verordnungen zu. Es rechnete seine Leistungen sodann jeweils gegenüber der AOK ab.

Das Landgericht hat diesen Sachverhalt rechtlich dahin gewürdigt, dass weder die Voraussetzungen einer Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr nach § 299 StGB* noch diejenigen einer Vorteilsgewährung nach § 333 StGB** oder Bestechlichkeit nach § 334 StGB*** gegeben seien. Hiergegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision.

Der 3. Strafsenat wird u. a. darüber zu befinden haben, ob ein niedergelassener Vertragsarzt bei der Verordnung von Hilfsmitteln Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen im Sinne des § 299 Abs. 2 StGB* ist. Diese Frage ist in der Literatur umstritten. Höchstrichterlich geklärt ist sie noch nicht. Im Zusammenhang mit einer möglichen Strafbarkeit wegen Betrugs nach § 263 StGB und Untreue nach § 266 StGB ist bisher lediglich entschieden, dass der Vertragsarzt bei der Verordnung eines Arzneimittels als Vertreter der Krankenkasse handelt und mit Wirkung für und gegen diese eine Willenserklärung zum Abschluss eines Kaufvertrages über das verordnete Medikament abgibt (BGH, Beschlüsse vom 25. November 2003 - 4 StR 239/03, BGHSt 49, 17; vom 27. April 2004 - 1 StR 165/03, NStZ 2004, 568).

* § 333 StGB - Vorteilsgewährung

(1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr für die Dienstausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten anbietet, verspricht oder gewährt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einem Richter oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme des Vorteils durch den Empfänger vorher genehmigt hat oder sie auf unverzügliche Anzeige des Empfängers genehmigt.

**§ 334 StGB- Bestechung

(1) Wer einem Amtsträger, einem für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten oder einem Soldaten der Bundeswehr einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

(2) Wer einem Richter oder Schiedsrichter einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er eine richterliche Handlung

1.

vorgenommen und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzt hat oder

2.

künftig vornehme und dadurch seine richterlichen Pflichten verletzen würde,

wird in den Fällen der Nummer 1 mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in den Fällen der Nummer 2 mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar.

(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung anbietet, verspricht oder gewährt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er den anderen zu bestimmen versucht, daß dieser

1.

bei der Handlung seine Pflichten verletzt oder,

2.

soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei der Ausübung des Ermessens durch den Vorteil beeinflussen läßt.

***§ 299 StGB - Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr

(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise bevorzuge.

Verhandlungstermin: 22. März 2011

II ZR 229/09

LG Köln – 82 O 5/08 – Urteil vom 17. Oktober 2008

OLG Köln – 18 U 177/08 – Urteil vom 27. August 2009

Die Kläger waren Aktionäre der Beklagten, die bis zur Umwandlung in eine GmbH im Jahr 2009 eine Aktiengesellschaft war. In der Hauptversammlung der Beklagten vom 21. Dezember 2007 wurde die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin beschlossen. Dagegen erhoben die Kläger Anfechtungsklagen, die zwischen dem 17. und 21. Januar 2008 beim Landgericht Köln eingegangen und dem Aufsichtsrat der Beklagten am 28. Februar 2009 und dem Vorstand am 3. März 2008 zugestellt worden sind. Auf Antrag der Beklagten vom 11. Februar 2008, in dem u.a. erklärt wurde, dass eine Klage gegen die Wirksamkeit des Übertragungsbeschlusses nicht erhoben worden sei, wurde dieser am 27. Februar 2008 in das Handelsregister eingetragen.

Das Landgericht hat den Übertragungsbeschluss für nichtig erklärt; das Berufungsgericht hat die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Die Anfechtungsklagen seien unbegründet, weil die Kläger zum Zeitpunkt der Zustellung ihrer Klagen nicht mehr Aktionäre der Beklagten gewesen seien. Mit der Eintragung sei der Übertragungsbeschluss wirksam geworden und seien ihre Aktien auf die Hauptaktionärin übergegangen.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Anfechtungsklagen weiter.

Verhandlungstermin: 29. März 2011

VI ZR 111/10

LG Köln – 28 O 478/08 – Entscheidung vom 26. August 2009

OLG Köln – 15 U 148/09 – Entscheidung vom 30. März 2010

Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Veröffentlichung eines in russischer Sprache und kyrillischer Schrift abgefassten Berichts im Internetportal www.womanineurope.com, das von einem Anbieter mit Sitz in Deutschland betrieben wird. In dem Bericht äußert sich die Beklagte über den Kläger, den sie bei einem Klassentreffen in dessen Wohnung in Moskau nach 15 Jahren wieder getroffen hat. Die Beklagte lebt in den USA. Der Kläger ist russischer Geschäftsmann und hat auch einen Wohnsitz in Deutschland. Er begehrt die Unterlassung mehrerer Äußerungen, Geldentschädigung und Auskunft über den Zeitraum und die Internetadressen, über welche die zu unterlassenden Äußerungen abrufbar waren.

Beide Vorinstanzen haben die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte verneint und die Klage deshalb als unzulässig abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Der Rechtsstreit wirft die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Klagen eines im Inland wohnhaften ausländischen Klägers gegen Internetveröffentlichungen in einer fremden Schrift und Sprache durch einen ausländischen Internetnutzer auf.

Verhandlungstermin: 30. März 2010

VIII ZR 94/10

LG Braunschweig - Urteil vom 17. April 2009 - 8 O 2983/08

OLG Braunschweig - Urteil vom 23. März 2010 - 7 U 62/09

und

VIII ZR 99/10

LG Braunschweig - Urteil vom 23. Juni 2009 - 4 O 2732/08

OLG Braunschweig - Urteil 23. März 2010 - 7 U 90/09

Die Kläger in beiden Verfahren leasten von der Beklagten jeweils Ende 2006 einen Pkw, wobei die Leasingverträge unter Vermittlung eines Autohauses zustande kamen. Ferner schlossen die Kläger zur Refinanzierung der Leasingraten mit einem dritten Unternehmen einen "Werbevertrag" ab, wonach dieses Unternehmen gegen Empfehlung von mindestens drei neuen Kunden für die Laufzeit des Leasingvertrags einen monatlichen Werbekostenzuschuss an die Kläger zahlen sollte. Trotz Zuführung von drei Neukunden durch die Kläger wurden die versprochenen Zuschüsse jedoch nur bis Oktober bzw. November 2007 gezahlt. Danach fochten die Kläger ihre Leasingverträge wegen arglistiger Täuschung an. Sie berufen sich darauf, das vermittelnde Autohaus habe mit der dritten Firma kollusiv zusammengewirkt und ein "Schneeballsystem" aufgebaut. Dies müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, da das Autohaus ihr Erfüllungsgehilfe gewesen sei.

Die Kläger haben u. a. die Rückzahlung der gezahlten Leasingraten unter Anrechnung einer Nutzungsvergütung sowie die Feststellung verlangt, dass der Leasingvertrag durch die Anfechtung wirksam beendet worden sei. Das Landgericht hat die Klagen abgewiesen. Die Berufungen der Kläger hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Kläger könnten den Leasingvertrag nicht wegen einer arglistigen Täuschung über die Refinanzierung der Leasingraten durch den Werbevertrag anfechten. Die behaupteten Erklärungen des Geschäftsführers des vermittelnden Autohauses seien der Beklagten nicht zuzurechnen. Zwar sei der vermittelnde Autohändler im Rahmen eines Leasingvertrags grundsätzlich Erfüllungsgehilfe des Leasinggebers. Jedoch müsse sich der Leasinggeber nur solche schuldhaften Handlungen seines Lieferanten zurechnen lassen, die dieser gerade im engen Zusammenhang mit der übertragenen Aufgabe der Vertragsvorbereitung begangen habe. Der sonach erforderliche Zusammenhang fehle bei dem hier neben dem Leasingvertrag abgeschlossenen Werbevertrag. Eine mögliche Sittenwidrigkeit des Werbevertrages wegen des in ihm angelegten Schneeballsystems erstrecke sich ebenfalls mangels Zurechenbarkeit nicht auf den Leasingvertrag.

Im Rahmen der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.

Verhandlungstermin: 30. März 2010

5 StR 565/10

Landgericht Hamburg Urteil vom 16. Juli 2010 – 617 Ks 15/09

Mit dem von der Staatsanwaltschaft angefochtenen Urteil hat das Landgericht Hamburg die im Tatzeitraum 18 Jahre alte Angeklagte und ihren mitangeklagten Lebensgefährte, der im Tatzeitraum das 21. Lebensjahr vollendete, wegen gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen u. a. zu Jugendstrafen verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurden.

Nach den Feststellungen des Jugendschwurgerichts hatten die fürsorgepflichtigen Angeklagten die im Mai 2008 geborene Tochter der jungen Frau seit Oktober 2008 nur noch unzureichend betreut und versorgt. Infolge von Unterernährung geriet das Kind in einen sichtbar schlechten körperlichen Zustand. Auch nachdem dieser sich ab Februar 2009 lebensbedrohlich verschärfte, gaben sie das Kind nicht in ärztliche Behandlung. Der zuständigen Betreuerin des Jugendamtes spiegelte die Angeklagte vor, dass alles in Ordnung sei. In der Nacht vom 10. auf den 11. März 2009 verstarb das Kind; aufgrund gerichtsmedizinischer Erkenntnisse konnte ein plötzlicher Kindstod nicht sicher ausgeschlossen werden.

Das Jugendschwurgericht ist zu der Überzeugung gelangt, dass die Angeklagten den lebensbedrohlichen Zustand erkannt und den Tod des Kindes in Kauf genommen hatten. Es hat jedoch angenommen, die Angeklagten seien von einem Tötungsversuch durch Unterlassen zurückgetreten, indem sie nach Auffinden des leblosen Kindes in seinem Bettchen den Notarzt alarmierten. Dabei ist das Gericht zugunsten der Angeklagten davon ausgegangen, dass sie den zu diesem Zeitpunkt bereits eingetretenen Tod des Kindes nicht erkannt hätten.

Die Staatsanwaltschaft hat gegen dieses Urteil zu Ungunsten der Angeklagten Revision eingelegt. Sie beanstandet insbesondere die Annahme eines strafbefreienden Rücktritts vom Tötungsversuch und die Strafzumessung.

Verhandlungstermin: 5. April 2011

(frühere Verhandlungstermin am 1. März 2010 wegen zwischenzeitlichen Todes der Partei aufgehoben)

II ZR 263/08

LG Essen – 45 O 23/07 – Entscheidung vom 23. November 2007

OLG Hamm – 8 U 4/08 – Entscheidung vom 20. Oktober 2008

und

II ZR 279/08

LG Düsseldorf – 10 O 532/06 – Entscheidung vom 13. November 2007

OLG Düsseldorf – I-3 U 15/08 – Entscheidung vom 1. Juli 2008

Im Rechtsstreit II ZR 279/08 sind alle Parteien Gesellschafter der TM Immobilien und Vermietungs GmbH, die Mitte der 90er Jahre ein Wohn- und Geschäftszentrum in Berlin errichtete. Für die Finanzierungsdarlehen der TM GmbH übernahmen die Kläger, die damals mit je 10 %, der Kläger zu 1 später mit 16,6 % an der GmbH beteiligt waren, in Höhe von 1,52 Mio. DM die persönliche Haftung und unterwarfen sich der sofortigen Zwangsvollstreckung. Durch eine Kapitalerhöhung in 2003 sank die Beteiligungsquote der Kläger an der GmbH auf 0,06 %; die übrigen Anteile hält seitdem der Beklagte unmittelbar und mittelbar über eine von ihm beherrschte andere GmbH.

Der Beklagte, der die Darlehensforderungen gegen die TM GmbH von der Bank erworben hat, betreibt die Zwangsvollstreckung gegen die Kläger in ihre Beteiligung an der TM GmbH. Nach deren Satzung scheidet ein Gesellschafter aus der GmbH aus, wenn sein Anteil gepfändet wird und es ihm – wie hier - nicht gelingt, die Pfändung innerhalb von 6 Wochen abzuwenden. Im Verfahren II ZR 263/08 fechten die Kläger ihre, gestützt auf diese Satzungsbestimmung beschlossene Ausschließung aus der GmbH und die Einziehung ihrer Geschäftsanteile an.

Im Verfahren II ZR 263/08 hat das Landgericht der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat hingegen nur die Einziehung der Geschäftsanteile für unwirksam erachtet, den Ausschluss aber bestätigt. Im Verfahren II ZR 279/08 hat das Landgericht die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht ihr aber im Wesentlichen stattgegeben, weil die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten treuwidrig sei.

Die Berufungsgerichte haben die Frage, ob den Klägern gegen die GmbH ein Anspruch auf Befreiung von der Mithaftung für die Schulden der GmbH zusteht und ob dieser auch gegen den Mehrheitsgesellschafter durchgreift, unterschiedlich beantwortet. Während das OLG Hamm einen Durchgriff wegen der Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre ablehnt, durchbricht das OLG Düsseldorf dieses Prinzip unter Berufung auf Treu und Glauben. Der Senat wird sich auch mit der Annahme des OLG Hamm auseinandersetzen müssen, eine Ausschließung - anders als eine Einziehung des Geschäftsanteils gem. §§ 34 Abs. 3, 30 Abs. 1 GmbHG* – setze nicht voraus, dass dem ausgeschlossenen Gesellschafter eine Abfindung aus nicht durch Kapitalerhaltungsvorschriften gebundenem Vermögen gezahlt werden kann.

§ 34 GmbHG Einziehung von Geschäftsanteilen

(1) Die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen darf nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist.

(2) Ohne die Zustimmung des Anteilsberechtigten findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Berechtigte den Geschäftsanteil erworben hat, im Gesellschaftsvertrag festgesetzt waren.

(3) Die Bestimmung in § 30 Abs. 1 bleibt unberührt.

§ 30 GmbHG Kapitalerhaltung

(1) Das zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche Vermögen der Gesellschaft darf an die Gesellschafter nicht ausgezahlt werden. Satz 1 gilt nicht bei Leistungen, die bei Bestehen eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags (§ 291 des Aktiengesetzes) erfolgen oder durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt sind. Satz 1 ist zudem nicht anzuwenden auf die Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen.

(2) …

Verhandlungstermin: 5. April 2011

XI ZR 159/09

LG Koblenz - Urteil vom 29. Juni 2006 - 3 O 501/05

OLG Koblenz - Urteil vom 6. April 2009 - 12 U 1121/06

Der Kläger nimmt die Beklagten, eine Bausparkasse und eine Bank, auf Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb und der Finanzierung einer Eigentumswohnung in Anspruch.

Von Vermittlern geworben, erwarb der Kläger im Jahr 1999 zu Steuersparzwecken eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des Kaufpreises nahm der Kläger bei der beklagten Bank ein tilgungsfreies Vorausdarlehen in Höhe von 99.000 DM auf, das durch zwei mit der beklagten Bausparkasse abgeschlossene Bausparverträge getilgt werden sollte. Die Auszahlung des Darlehens war nach den Vertragsbestimmungen unter anderem davon abhängig, dass der Kläger einer Mieteinnahmengemeinschaft ("Mietpool") beitrat.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger von den Beklagten unter anderem die Rückzahlung geleisteter Zinsen sowie die Feststellung, dass aus dem Darlehensvertrag keine Zahlungsansprüche bestehen und dass ihm die Beklagten den gesamten Schaden zu ersetzen haben. Er stützt sich dabei insbesondere auf einen Schadensersatzanspruch wegen vorvertraglicher Aufklärungspflichtverletzung. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat unter anderem ein vorvertragliches Aufklärungsverschulden der Beklagten hinsichtlich der Höhe der Vertriebsprovisionen verneint. Des Weiteren hat es die Begründung einer Aufklärungspflicht der beklagten Bank aus einem schwerwiegenden Interessenkonflikt abgelehnt. Ein solcher Interessenkonflikt könne sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zwar daraus ergeben, dass die kreditgebende Bank mit der Finanzierung eines Immobilienerwerbs einem von ihr zugleich finanzierten, notleidenden Unternehmen zur Fortführung seines Geschäftsbetriebes verhelfe und damit auf den Darlehensnehmer ein über das geschäftsübliche Maß hinausgehendes Risiko abwälze. Die Schwelle zum Entstehen einer Aufklärungspflicht über solche Umstände sei aber mit Blick auf die im Streitfall zu beurteilende wirtschaftliche Lage der Vermittlungsgesellschaft und der Mietpoolverwalterin bei Abschluss des Darlehensvertrages noch nicht überschritten gewesen.

Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Der Fall wird dem Senat voraussichtlich Anlass zur Prüfung der vom Berufungsgericht hinsichtlich der Vertriebsprovision verneinten Aufklärungspflichtverletzung anhand der in der Entscheidung des Senats vom 29. Juni 2010 (XI ZR 104/08, WM 2010, 1451 Rn. 15 ff.) genannten Grundsätze geben (vgl. Pressemitteilung Nr. 133/2010). Ferner wird der Senat voraussichtlich zu den insbesondere bereits mit Senatsurteilen vom 27. Januar 2004 (XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 624), vom 20. März 2007 (XI ZR 414/04, WM 2007, 876 Rn. 50) und vom 3. Juni 2008 (XI ZR 131/07, WM 2008, 1394 Rn. 18) dargelegten Voraussetzungen für die Annahme eines schwerwiegenden Interessenkonflikts der kreditgebenden Bank nochmals Stellung zu nehmen haben.

Verkündungstermin 6. April 2011

(Verhandlungstermin: 19. Januar 2011)

VIII ZR 66/09

AG Lübeck - Urteil vom 8. November 2006 - 25 C 3539/04

LG Lübeck - Urteil vom 22. Januar 2009 - 14 S 283/06

(veröffentlicht in IR 2009, 91)

Die Klägerin ist ein kommunales Versorgungsunternehmen. Sie verlangt von den Beklagten Zahlung für Fernwärme, die sie in den Jahren 2001 bis 2003 für die von den Beklagten bewohnte Wohnung geliefert hat. Die von der Klägerin im maßgeblichen Zeitraum verwendeten Preisbestimmungen lauten auszugsweise wie folgt:

"3. Preisänderungsbestimmungen

Die Preise … ändern sich unter Berücksichtigung der Kostenentwicklung bei Erzeugung, Transport und Bereitstellung der Wärme und der Verhältnisse auf dem Wärmemarkt gemäß den nachstehenden Preisänderungsklauseln. Die in diesen Klauseln verwendeten Kurzbezeichnungen bedeuten:

4. Preisführungsgrößen und –basiswerte

Die Preisführungsgrößen und deren Basiswerte sind im einzelnen wie folgt festgelegt:

4.1 HEL = Preis für extra leichtes Heizöl als arithmetischer Mittelwert aus den Notierungen zum 15. eines Monats in € [DM]/hl (ohne Umsatzsteuer), (Grundlage: Fachserie 17 des Statistischen Bundesamtes "Preise"; Reihe 2 "Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise)"; Teil 1, 3. "Erzeugerpreise ausgewählter gewerblicher Produkte"). Es gelten die Notierungen am Berichtsort Hamburg bei Lieferung an Verbraucher in Tankkraftwagen, 40 bis 50 hl pro Auftrag, frei Verbraucher. Zugrundezulegen ist der jeweilige Durchschnittswert der bis drei Monate vor dem Monat der Preisanpassung veröffentlichten letzten sechs Kalendermonate (für eine Preisanpassung z. B. am 01.07. also die für das IV. Quartal des vorhergehenden und für das I. Quartal des jeweiligen Kalenderjahres veröffentlichten monatlichen Preise).

HEL0 =20,37 € [39,84 DM]/hl; Basiswert im Durchschnitt für April 1996 bis September 1996

4.2 fEG = jeweiliger Preisänderungsfaktor im Gasbezug der … [Klägerin] gegenüber dem Stand zum 01.01.97 - er wird anhand der Bestimmungen in dem Gasbezugsvertrag der … [Klägerin] ermittelt und vom Vorlieferanten (z.Z. BEB Erdgas und Erdöl GmbH) der … [Klägerin] mitgeteilt.

fEG = 1,0000 Basiswert zum Stand 01.01.97

4.3 L = jeweiliger zum Anpassungszeitpunkt geltender Index des tariflichen Stundenlohnes im Wirtschaftsbereich/-zweig Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgung (Grundlage: Fachserie 16 des Statistischen Bundesamtes "Löhne und Gehälter"; Reihe 4.3 "Index der Tariflöhne und Gehälter"; Tabelle 2 "Index der tariflichen Stundenlöhne in der gewerblichen Wirtschaft und bei Gebietskörperschaften"; Wirtschaftsbereich/-zweig "Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgung").

…"

In den Jahren 2001 bis 2003 zahlten die Beklagten zwar die von der Klägerin geforderten Abschläge, glichen jedoch die jeweiligen Endabrechnungen nicht aus. Sie vertreten die Auffassung, die Rechnungen entsprächen nicht den Anforderungen der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (§§ 24, 26 AVBFernwärmeV),* weil die maßgeblichen Berechnungsfaktoren nicht in allgemein verständlicher Form und vollständig ausgewiesen seien.

Mit der Klage hat die Klägerin Zahlung von 1.633,38 € nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht die Beklagten verurteilt und zur Begründung ausgeführt: Der Klägerin stehe aus den streitgegenständlichen Abrechnungen die Summe der Einzelpositionen zu, weil der vorläufige Einwendungsausschluss gemäß § 30 AVBFernwärmeV** bestehe. Es sei offensichtlich, dass die von den Beklagten erhobenen Einwände nicht das Vorliegen eines offensichtlichen Fehlers im Sinne des § 30 AVBFernwärmeV belegten.

Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.

*§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln

(3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, daß sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.

*§ 26 AVBFernwärmeV: Vordrucke für Rechnungen und Abschläge

Vordrucke für Rechnungen und Abschläge müssen verständlich sein. Die für die Forderung maßgeblichen Berechnungsfaktoren sind vollständig und in allgemein verständlicher Form auszuweisen.

**§ 30 AVBFernwärmeV: Zahlungsverweigerung

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1. soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und

2.wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

Verkündungstermin: 6. April 2011

(Verhandlungstermin: 12. Januar 2011)

VIII ZR 273/09

LG Dessau-Roßlau - Urteil vom 29. Dezember 2008 - 2 O 633/06

OLG Naumburg - Urteil vom 17. September 2009 - 1 U 23/09

(veröffentlicht ZNER 2009, 400)

Die Klägerin ist ein kommunales Versorgungsunternehmen. Sie verlangt von der Beklagten, einer Wohnungsbaugenossenschaft, restliche Zahlung für Fernwärme für das Jahr 2006. Die Klägerin erhöhte im Jahre 2006 den Wärmearbeitspreis vier Mal, dem trat die Beklagte entgegen und nahm Zahlungen nur auf der Basis des Wärmearbeitspreises aus dem Jahre 2005 vor. Die Parteien streiten im vorliegenden Rechtsstreit vorrangig um die Frage, ob die von der Klägerin vorgenommenen Änderungen des Wärmearbeitspreises wirksam sind. Zur Änderung dieses Wärmearbeitspreises heißt es in dem zwischen den Parteien geschlossenen Fernwärmeliefervertrag:

"…

3. Der Arbeitspreis für die zu verrechnenden Mengen ändert sich entsprechend nachstehender Formel:

WAP = WAP° + 1,26 x (HEL – 31,24) €/MWh

Es bedeuten:

WAP

=

Wärmearbeitspreis

in €/MWh

WAP°

ursprünglicher Wärmearbeitspreis

in €/MWh

HEL  

=

Veröffentlichter Heizölpreis

in €/MWH

31,24

=

veröffentlichter Heizölpreis für das IV. Quartal 2003

in €/MWh

…"

Bei dem mit HEL bezeichneten Faktor handelt es sich um den vom Statistischen Bundesamt monatlich veröffentlichten Preis für leichtes Heizöl der so genannten Rheinschiene (dies entspricht dem Durchschnitt aus den Preisen für Düsseldorf, Frankfurt am Main und Mannheim/Ludwigshafen).

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die in dem Vertrag verwandte Preisanpassungsklausel halte einer Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB* nicht stand, denn die Kopplung der Preisanpassung an den Preis für die Lieferung leichten Heizöls im Bereich der so genannten Rheinschiene sei für den vorliegenden Vertrag ein völlig ungeeigneter Maßstab. Zunächst sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin das Kraftwerk, in dem die Fernwärme erzeugt werde, nicht mit Öl, sondern ausschließlich mit Erdgas betreibe, zudem stehe nicht fest, dass eine Änderung der Bezugspreise der Beklagten entsprechend der Entwicklung des HEL-Preises tatsächlich eintrete. Darüber hinaus sei auch innerhalb des Indexes das Abstellen auf Bezugskosten in der sog. Rheinschiene völlig willkürlich, denn das Statistische Bundesamt erhebe die Preise für leichtes Heizöl z.B. auch für Magdeburg.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie stützt sich vor allem darauf, dass die verwendete Klausel der Vorschrift in § 24 AVBFernwärmeV** entspreche und darüber hinaus § 30 AVBFernwärmeV*** einer Zahlungsverweigerung entgegenstehe.

* § 307 BGB: Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

**§ 24 AVBFernwärmeV: Abrechnung, Preisänderungsklauseln

(3) Preisänderungsklauseln dürfen nur so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Sie müssen die maßgeblichen Berechnungsfaktoren vollständig und in allgemein verständlicher Form ausweisen. Bei Anwendung der Preisänderungsklauseln ist der prozentuale Anteil des die Brennstoffkosten abdeckenden Preisfaktors an der jeweiligen Preisänderung gesondert auszuweisen.

***§ 30 AVBFernwärmeV: Zahlungsverweigerung

Einwände gegen Rechnungen und Abschlagsberechnungen berechtigen zum Zahlungsaufschub oder zur Zahlungsverweigerung nur,

1. soweit sich aus den Umständen ergibt, daß offensichtliche Fehler vorliegen, und

2. wenn der Zahlungsaufschub oder die Zahlungsverweigerung innerhalb von zwei Jahren nach Zugang der fehlerhaften Rechnung oder Abschlagsberechnung geltend gemacht wird.

Verhandlungstermin: 6. April 2011

VIII ZR 171/10

AG Rosenheim - Urteil vom 13. August 2009 – 9 C 2095/08

LG Traunstein - Urteil vom 7. Juli 2010 – 5 S 2956/09

Die Klägerin, eine Tankstellenbetreiberin, verlangt die Erstattung von Kosten, die sie aufgewendet hat, um den Beklagten, einen Kunden, zu ermitteln.

Der Beklagte tankte am 7. März 2008 an der von der Klägerin geführten Selbstbedienungstankstelle an der A8 Dieselkraftstoff zum Preis von 10,01 €. Der Beklagte bezahlte an der Kasse lediglich einen Schokoriegel und zwei Vignetten zu einem Gesamtpreis von 25,30 €. Die Parteien haben darum gestritten, ob der Beklagte an der Kasse gefragt worden sei, ob er getankt habe.

Die Klägerin schaltete, nachdem sie bemerkt hatte, dass der Kraftstoff nicht bezahlt worden war, ein Detektivbüro zur Ermittlung des Beklagten ein. Hierfür sind Kosten in Höhe von 137 € angefallen. Zudem begehrt die Klägerin die Erstattung einer Auslagenpauschale von 25 € und die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren in Höhe von 39 €.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung ausgeführt: Der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB* zu. Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag dadurch zustande gekommen, dass der Beklagte das in der Aufstellung der betriebsbereiten Zapfsäule liegende Angebot der Klägerin durch die Entnahme des Benzins angenommen habe. Bei einer Selbstbedienungstankstelle habe der Kunde die vertragliche Nebenpflicht, die getätigte Betankung durch Angabe der benutzten Zapfsäule an der Kasse anzumelden. Diese Nebenpflicht habe der Beklagte schuldhaft verletzt. Daneben stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch aber auch aus dem Gesichtspunkt des Verzuges zu. Gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 4 BGB** sei eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich, denn bei Selbstbedienungstankstellen sei dem Gläubiger die Identität des Schuldners regelmäßig unbekannt und nicht ohne weiteres zu ermitteln, so dass die Zusendung einer Mahnung den Gläubiger vor erhebliche Probleme stelle. Der Anspruch der Klägerin bestehe auch in der geltend gemachten Höhe, insbesondere stünden die Detektivkosten nicht außer Verhältnis zur Höhe des ausstehenden Tankbetrages.

Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

*§ 280 BGB: Schadensersatz wegen Pflichtverletzung

(1) Verletzt der Schuldner eine Pflicht aus dem Schuldverhältnis, so kann der Gläubiger Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verlangen. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Schadensersatz wegen Verzögerung der Leistung kann der Gläubiger nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 286 verlangen.

**§ 286 BGB: Verzug des Schuldners

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

4. aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

Verhandlungstermin: 7. April 2011:

I ZR 56/09

LG Berlin - 16 O 541/05 vom 21. März 2006

KG - 5 U 67/06 vom 3. März 2009

Der Kläger, der angewandte Forschung betreibt, warb im Ausstellerkatalog einer Fachmesse für seine Leistungen mit der Abbildung eines ICE 3 - Zuges. Die Beklagte hat für diesen Zug und für den ICE 1 sowie den ICE T Geschmacksmuster eintragen lassen. Sie schrieb den Kläger, der zuvor lediglich für den ICE 1 eine Radsatzrissprüfanlage entwickelt hatte, wegen dessen Abbildung des ICE 3 an und drängte im weiteren Verlauf der Korrespondenz vergeblich auf den Abschluss eines Lizenzvertrages.

Der Kläger hat im Wesentlichen beantragt festzustellen, dass der Beklagten wegen der Abbildung eines Zuges der Baureihe ICE 3 weder Unterlassungs- noch Schadensersatzansprüche aus den Geschmacksmustern zustehen.

Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewiesen.

Verhandlungstermin: 12. April 2011

Es stehen zwei Sachen zur Verhandlung an, die "Lehman-Zertifikate" zum Gegenstand haben, die im Zuge der Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 weitgehend wertlos geworden sind. Es handelt sich dabei um die ersten Verfahren aus diesem Themenkomplex, die der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zu verhandeln hat.

XI ZR 85/10

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 31. August 2008 - 2-19 O 287/08

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 17. Februar 2010 - 17 U 207/09 (veröffentlicht WM 2010, 613)

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse aus abgetretenem Recht ihres Ehemanns auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Am 23. August 2007 rief ein Mitarbeiter der Beklagten den Ehemann der Klägerin in dessen Büro an und empfahl ihm die in seinem Depot befindlichen, in kleinen Stückzahlen gehaltenen Aktien zu verkaufen und von dem Erlös "Twin-Win-Zertifikate 8/2007" der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. zu erwerben. Am Ende des Telefongesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, erteilte dieser der Beklagten den Auftrag, sieben der empfohlenen Zertifikate zum Nennwert von jeweils 1.000 € für ihn zu erwerben. Diese Zertifikate sind an die Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index gebunden. Nach Ablauf des fünfjährigen Beobachtungszeitraums wird das Zertifikat zum Nominalwert zuzüglich der absoluten Wertentwicklung des Index zurückbezahlt und zwar unabhängig davon, ob die Wertentwicklung positiv oder negativ verlaufen ist. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Index während des gesamten Beobachtungszeitraums nicht auf 50% des Indexstandes zum 24. August 2007 absinkt oder diese Barriere unterschreitet. Tritt dies ein, so wird dem Anleger zum Laufzeitende kein Barbetrag ausgezahlt, sondern ein Ersatzzertifikat geliefert, das an der Wertentwicklung des Dow Jones Eurostoxx 50-Index teilnimmt und eine Laufzeit bis zum Jahr 2057 hat. Dieses Ersatzzertifikat hätte von der Emittentin ab dem Jahr 2014 jährlich gekündigt werden können, worauf der Ehemann der Klägerin nicht hingewiesen wurde.

Mit Insolvenz der Emittentin und der Investmentbank Lehman Brothers, die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - gestützt auf mehrere Beratungsfehler - die Rückzahlung von 7.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der sieben Lehman-Zertifikate.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar eine Beratungspflichtverletzung insoweit verneint, als die Beklagte nicht auf eine mögliche Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hingewiesen hat. Angesichts der positiven "Ratingnoten", die die Emittentin bis fast zur Insolvenz gehabt habe, habe kein Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen müssen. Einen Beratungsfehler hat das Berufungsgericht jedoch darin gesehen, dass die Beklagte den Ehemann der Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Ersatzzertifikate, die der Anleger erhält, wenn die 50%-Barriere des Index während des Beobachtungszeitraums erreicht oder unterschritten wird, ab dem Jahr 2014 von der Emittentin gekündigt und fällig gestellt werden können. Durch diesen fehlenden Hinweis habe beim Anleger der unzutreffende Eindruck entstehen können, er könne zwischenzeitliche Kursverluste der bis zum Jahr 2057 laufenden Zertifikate "aussitzen".

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

und

XI ZR 294/10

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 8. Dezember 2009 - 2-26 O 135/09

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 14. Juli 2010 - 17 U 11/10

Die Klägerin nimmt die beklagte Sparkasse auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Am 15. Februar 2008 rief ein Mitarbeiter der Beklagten die Klägerin an und empfahl ihr, verschiedene Posten in ihrem Depot, die sich nicht wunschgemäß entwickelt hatten, zu verkaufen und von dem Erlös "DAX-Kupon-Zertifikate 03/2008" der Emittentin Lehman Brothers Treasury Co. B.V. zu erwerben. Am Ende des Telefongesprächs, dessen Inhalt im Einzelnen streitig ist, erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag, fünfundzwanzig der empfohlenen Zertifikate zum Nennwert von jeweils 1.000 € für sie zu erwerben. Die Zinszahlungen während der fünfjährigen Laufzeit dieser Zertifikate sind an die Wertentwicklung des DAX-Index gebunden. Wenn der DAX-Index während des gesamten Zeitraums im Verhältnis zum anfänglichen Bewertungsstichtag zu keinem Zeitpunkt um mehr als 50% fällt, erhält der Anleger am Ende der Laufzeit den Nominalbetrag wieder ausbezahlt. Wird diese Barriere hingegen während des Beobachtungszeitraums einmal unterschritten, entfallen die Zinszahlungen und der Anleger erhält am Ende der Laufzeit "DAX-Zertifikate" mit einer Laufzeit bis zum Jahr 2058. Diese Ersatzzertifikate hätten von der Emittentin vorzeitig gekündigt werden können. Über die Laufzeit der Ersatzzertifikate und das Recht der Emittentin, diese vorzeitig zu kündigen, wurde die Klägerin nicht aufgeklärt.

Mit Insolvenz der Emittentin und der Investmentbank Lehman Brothers, die für die Rückzahlung der Zertifikate die Garantie übernommen hatte, wurden die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - gestützt auf mehrere Beratungsfehler - im Wesentlichen die Rückzahlung von 25.000 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der fünfundzwanzig Lehman-Zertifikate.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat zwar eine Beratungspflichtverletzung insoweit verneint, als die Beklagte nicht auf eine mögliche Insolvenz der Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co. B.V.) oder der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) hingewiesen hat. Angesichts der positiven "Ratingnoten", die die Emittentin bis fast zur Insolvenz gehabt habe, habe kein Zweifel an ihrer Zahlungsfähigkeit aufkommen müssen. Einen Beratungsfehler hat das Berufungsgericht jedoch darin gesehen, dass die Beklagte die Klägerin nicht darüber aufgeklärt hat, dass die Ersatzzertifikate, die der Anleger erhält, wenn die 50%-Barriere des Index während des Beobachtungszeitraums unterschritten wird, eine Laufzeit bis 2058 haben und von der Emittentin vorzeitig gekündigt werden können. Es müsse davon ausgegangen werden, so das Berufungsgericht, dass die Emittentin ihr Kündigungsrecht dann ausübe, wenn die Zertifikate für den Anleger besonders profitabel seien, so dass der Marktwert im Vergleich zu Zertifikaten ohne vorzeitiges Kündigungsrecht der Emittentin niedriger sei.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Verhandlungstermin: 12. April 2011

VI ZR 300/09

AG Bad Hersfeld -Urteil vom 30. Dezember 2008 – 10 C 75/08

LG Fulda -Urteil vom 18. September 2009

Die Parteien streiten um Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall. Die Klägerin, eine Autovermietung, stellte unter Anwendung eines so genannten Einheitstarifs Mietwagenkosten in Höhe von 2832, 20 € in Rechnung. Unter Abzug einer Eigenersparnis verlangte sie von dem beklagten Haftpflichtversicherer 2757,32 €, erhielt jedoch lediglich 1999,20 € ersetzt.

Das Amtsgericht hat der auf Zahlung der Differenz gerichteten Klage stattgegeben, wobei es für die Schätzung des zu ersetzenden Betrags (vgl. § 249 Abs. 2 BGB, § 287 Abs. 1 ZPO) von der so genannten Schwacke - Liste der Firma Eurotax Schwacke GmbH ausgegangen ist. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der geltend gemachte und zu ersetzende Betrag wurde vom Berufungsgericht nunmehr auf der Grundlage einer Studie des Frauenhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation "Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland 2008" ermittelt. Die Schwacke - Listen wiesen erhebliche Defizite in der Methodik der Datenerhebung auf und stellten keine geeignete Schätzgrundlage dar. Daher sei die Frauenhofer – Studie vorzuziehen.

Gegen diese Auffassung wendet sich die Klägerin mit der Revision. Diese gibt dem VI. Zivilsenat die Möglichkeit, zu der bei den Instanzgerichten umstrittenen und in der Praxis häufig vorkommenden Frage Stellung zu nehmen, welche Schätzgrundlage bei der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten zugrunde gelegt werden darf.

Verhandlungstermin: 14. April 2011

I ZR 33/10

LG Hamburg - 315 O 768/07 vom 21. Februar 2008

OLG Hamburg - 5 U 47/08 vom 16. Dezember 2009

Die Klägerin stellt Automobile her. Sie ist Inhaberin der nationalen Wort-/Bildmarke "VW im Kreis", die unter anderem für "Fahrzeuge", verschiedene Zubehörteile und die Dienstleistungen "Reparatur, Instandhaltung, Wartung von Fahrzeugen" eingetragen ist.

Die Beklagte betreibt ein Netz von mehreren hundert markenunabhängigen Auto-Reparaturwerkstätten und vertreibt Autozubehör. In einem mehrseitigen Werbeprospekt warb sie im Januar 2007 mit der Angabe "GROSSE INSPEKTION FÜR ALLE (es folgt die Abbildung der Marke "VW im Kreis")".

Die Klägerin sieht darin eine Verletzung ihrer Markenrechte. Sie hat beantragt, die Beklagte zur Unterlassung und Auskunftserteilung zu verurteilen und die Schadensersatzpflicht der Beklagten festzustellen. Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Ihre Berufung ist im Wesentlichen erfolglos geblieben.

Verhandlungstermin: 5. Mai 2011

I ZR 157/09

LG Berlin - 97 O 2/05 vom 25. Januar 2006

KG - 5 U 48/06 vom 24. Juli 2009

Die Klägerin handelt mit hochpreisigen eigenen und lizenzierten Markenparfümen. Die Beklagte bietet vorwiegend im Internet niedrigpreisige Parfüms unter anderem der Dachmarke Creation Lamis an, die - soweit streitgegenständlich - ähnlich wie jeweils ein Markenduft der Klägerin riechen. Die Klägerin beanstandet, die Beklagten ahmte durch die im Unterlassungsantrag angeführten Bezeichnungen und Ausstattungen Markenparfüms der Klägerin nach.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Das Berufungsgericht hat Ansprüche der Klägerin verneint, weil sich eine deutlich erkennbare Imitationsbehauptung i. S. der Senatsentscheidung "Imitationswerbung" im Streitfall nicht feststellen lasse.

Verhandlungstermin: 22. Juni 2011

(ehemaliger: Verhandlungstermin: 30. September 2010)

I ZR 105/09

LG Köln - Urteil vom 11. November 2008 - 33 O 210/07

OLG Köln - Urteil vom 5. Juni 2009 - 6 U 223/08

Die Klägerin, ein Internetserviceprovider, bietet ihren Kunden Breitband-(DSL-)Internetzugänge über kabelgebundene Datennetze an, die mit Hilfe eines geeigneten Geräts (WLAN-Router) auch über ein kabelloses lokales Netzwerk genutzt werden können (WLAN). Hierfür berechnet sie ihren Kunden ein pauschales Entgelt (Flatrate). Die Beklagten werben dafür, sich als registriertes Mitglied einer Gemeinschaft von Internetnutzern ("FON Community") anzuschließen und in diesem Rahmen einen Breitband-Internetzugang mit anderen Mitgliedern zu teilen. Sie stellen den Mitgliedern einen WLAN-Router zur Verfügung, über den sie ihren Internetzugang für die Nutzung durch andere vermittelte Nutzer öffnen. Von den vermittelten Nutzern verlangen die Beklagten ein Entgelt.

Die Klägerin verlangt Unterlassung. Landgericht und Berufungsgericht haben der Klage stattgegeben. In dem Geschäftsmodell der Beklagten liege eine unlautere Behinderung.

Verhandlungstermin: 21. Juli 2011

I ZR 48/10

LG Düsseldorf - 38 O 185/07 vom 18. Juli 2008

OLG Düsseldorf - 20 U 190/08 vom 9. Februar 2010

Die Klägerin produziert und vertreibt Drucker sowie dazu passende Patronen. Auf den Packungen der Patronen bringt sie neben einem Hinweis auf das Druckermodell seit Mitte 2002 Bildmotive (Teddybären, Badeenten etc.) an, die sich auf den betreffenden Druckermodellen wiederfinden. Die Beklagten vertreiben Druckerpatronen, die zu den Druckern der Klägerin kompatibel sind, wobei auf den Verpackungen die entsprechenden Typenbezeichnungen der Modelle der Klägerin angegeben sind und sich zudem die von der Klägerin verwandten Bildmotive, allerdings in abgewandelter Form, finden.

Die Klägerin beanstandet dies als unlauter gem. § 6 Abs. 2 Nr. 4 UWG und nimmt die Beklagten auf Unterlassung sowie auf Auskunft und Schadensersatz in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat dies bestätigt und dabei insbesondere ausgeführt, dass die Verwendung der Bildmotive über das für den Werbevergleich notwendige Maß hinausgehe.

Verhandlungstermin: noch nicht terminiert = EuGH-Vorlage

(Verhandlungstermin: 5. Oktober 2010)

(Verkündungstermin: 13. Januar 2011)

I ZR 22/09

LG Regensburg – Urteil vom 13. November 2009 - 1 HKO 2203/08

Die Beklagte vertreibt alkoholische Getränke. Sie bewirbt ihren Kräuterlikör "Gurktaler Alpenkräuter" mit dem Hinweis: "der wohltuende und bekömmliche Kräuterlikör aus den Alpen". Der Likör hat einen Alkoholgehalt von 27%.

Der Kläger ist der Auffassung, bei den Werbeangaben handele es sich um "gesundheitsbezogene Angaben" i. S. von Art. 4 Abs. 3 der Health Claim-VO* und verlangt Unterlassung.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Angaben bezögen sich nicht auf die Gesundheit, sondern auf das allgemeine Wohlbefinden. Solche Aussagen würden von der Health Claim-VO nicht erfasst. Der BGH hat durch Beschluß vom 13. Januar 2011 folgenden Tenor für die EuGH-Vorlage verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (ABl. Nr. L 404 vom 30. Dezember 2006, S. 9), zuletzt geändert durch die Verordnung (EU) Nr. 116/2010 der Kommission vom 9. Februar 2010 (ABl. Nr. L 37 vom 10. Februar 2010, S. 16), folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Umfasst der Begriff der Gesundheit in der Definition des Ausdrucks "gesundheitsbezogene Angabe" in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 auch das allgemeine Wohlbefinden?

2. Falls die Frage 1 verneint wird:

Zielt eine Aussage in einer kommerziellen Mitteilung bei der Kennzeichnung oder Aufmachung von oder bei der Werbung für Lebensmittel, die als solche an den Endverbraucher abgegeben werden sollen, zumindest auch auf das gesundheitsbezogene Wohlbefinden oder aber lediglich auf das allgemeine Wohlbefinden ab, wenn sie auf eine der in Art. 13 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 genannten Funktionen in der in Art. 2 Abs. 2 - 3 - Nr. 5 dieser Verordnung beschriebenen Weise Bezug nimmt?

3. Falls die Frage 1 verneint wird und eine Aussage im in der Frage 2 beschriebenen Sinn zumindest auch auf das ge-sundheitsbezogene Wohlbefinden abzielt:

Entspricht es unter Berücksichtigung der Meinungs- und In-formationsfreiheit gemäß Art. 6 Abs. 3 EUV in Verbindung mit Art. 10 EMRK dem gemeinschaftsrechtlichen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, eine Aussage, wonach ein bestimmtes Getränk mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent den Körper und dessen Funktionen nicht belastet oder beeinträchtigt, in den Verbotsbereich des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 einzubeziehen?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 10. November 2009 = EuGH-Vorlage – dort noch anhängig)

VI ZR 217/08

LG Hamburg - Entscheidung vom 18. Januar 2008 - 324 O 548/07

OLG Hamburg – Entscheidung vom 29. Juli 2008 - 7 U 22/08

Der Kläger wurde im Jahr 1993 zusammen mit seinem Bruder wegen Mordes an dem Schauspieler Walter Sedlmayr zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Im Januar 2008 wurde er auf Bewährung entlassen. Er verlangt von einem in der Republik Österreich geschäftsansässigen Medienunternehmen, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit der Tat unter voller Namensnennung zu berichten. Das beklagte Unternehmen hielt auf seiner Internetseite bis zum 18. Juni 2007 eine auf den 23. August 1999 datierte, von einem anderen Anbieter übernommene Meldung zum freien Abruf durch die Öffentlichkeit bereit. Darin hieß es unter Nennung des Vor- und Zunamens des Klägers wie seines Bruders wahrheitsgemäß u. a., beide wendeten sich nunmehr, neun Jahre nach dem Mord, mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ihre Verurteilung wegen der Tat.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter. Der Rechtsstreit wirft die Frage der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte für Unterlassungsklagen gegen Internetveröffentlichungen ausländischer Anbieter auf. Sollte diese gegeben sein, sind zudem die rechtlichen Grenzen der Archivierung und des dauerhaften Bereithaltens von Meldungen zum Abruf im Internet im Hinblick auf Persönlichkeitsrechte Betroffener zu konkretisieren.

Folgender Tenor für die EuGH-Vorlage wurde am 10. November 2000 verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EGV zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis einzutreten droht" in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: EuGVVO) bei (drohenden) Persönlichkeits-rechtsverletzungen durch Inhalte auf einer Internet-Website dahingehend auszulegen,

dass der Betroffene eine Unterlassungsklage gegen den Betreiber der Website unabhängig davon, in welchem Mitgliedstaat der Betreiber niedergelassen ist, auch bei den Gerichten jedes Mitgliedstaats erheben kann, in dem die Website abgerufen werden kann,

oder setzt die Zuständigkeit der Gerichte eines Mitgliedstaats, in dem der Betreiber der Website nicht niedergelassen ist, voraus, dass ein über die technisch mögliche Abrufbarkeit hi-nausgehender besonderer Bezug der angegriffenen Inhalte oder der Website zum Gerichtsstaat (Inlandsbezug) besteht?

3. Wenn ein solcher besonderer Inlandsbezug erforderlich ist:

Nach welchen Kriterien bestimmt sich dieser Bezug?

Kommt es darauf an, ob sich die angegriffene Website gemäß der Bestimmung des Betreibers zielgerichtet (auch) an die Internetnutzer im Gerichtsstaat richtet oder genügt es, dass die auf der Website abrufbaren Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen - Interesse des Klägers an der Achtung seines Persönlichkeitsrechts und Interesse des Betreibers an der Gestaltung seiner Website und an der Berichterstattung - nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, im Gerichtsstaat tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann?

Kommt es für die Feststellung des besonderen Inlandsbezugs maßgeblich auf die Anzahl der Abrufe der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus an?

4. Wenn es für die Bejahung der Zuständigkeit keines beson-deren Inlandsbezugs bedarf oder wenn es für die Annahme eines solchen genügt, dass die beanstandeten Informationen objektiv einen Bezug zum Gerichtsstaat in dem Sinne aufweisen, dass eine Kollision der widerstreitenden Interessen im Gerichtsstaat nach den Umständen des konkreten Falls, insbesondere aufgrund des Inhalts der beanstandeten Website, tatsächlich eingetreten sein kann oder eintreten kann, und die Annahme eines besonderen Inlandsbezugs nicht die Feststellung einer Mindestanzahl von Abrufen der beanstandeten Website vom Gerichtsstaat aus voraussetzt:

Ist Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/31/EG des Euro-päischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informations-gesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäfts-verkehrs, im Binnenmarkt (nachfolgend: e-commerce-Richtlinie) dahingehend auszulegen,

dass diesen Bestimmungen ein kollisionsrechtlicher Charakter in dem Sinne beizumessen ist, dass sie auch für den Bereich des Zivilrechts unter Verdrängung der nationalen Kollisionsnormen die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Rechts anordnen,

oder handelt es sich bei diesen Vorschriften um ein Korrektiv auf materiell-rechtlicher Ebene, durch das das sachlich-rechtliche Ergebnis des nach den nationalen Kollisionsnormen für anwendbar erklärten Rechts inhaltlich modifiziert und auf die Anforderungen des Herkunftslandes reduziert wird?

Für den Fall, dass Art. 3 Abs. 1 und 2 e-commerce-Richtlinie kollisionsrechtlichen Charakter hat:

Ordnen die genannten Bestimmungen lediglich die alleinige Anwendung des im Herkunftsland geltenden Sachrechts oder auch die Anwendung der dort geltenden Kollisionsnormen an mit der Folge, dass ein renvoi des Rechts des Herkunftslands auf das Recht des Bestimmungslands möglich bleibt?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 14. Oktober 2008 wurde aufgehoben)

VI ZR 169/08

LG Hamburg - 324 O 868/04 - Entscheidung vom 1. Juli 2005

OLG Hamburg - 7 U 81/05 - Entscheidung vom 31. Januar 2006

Kläger ist Ernst August Prinz von Hannover. Die Beklagte ist ein Presseverlag.

Der beklagte Verlag hat in einer von ihm verlegten Zeitschrift einen Artikel über die Vermietung einer Ferienvilla des Klägers auf einer Insel vor Kenia veröffentlicht, der u. a. mit einer Aufnahme des Klägers und seiner Ehefrau bebildert war. Die Fotografie ist während eines Urlaubsaufenthalts der Abgebildeten aufgenommen und zeigt die Personen auf belebter Straße. Der Kläger begehrt Unterlassung der erneuten Veröffentlichung der beanstandeten Aufnahme.

Das Landgericht hat der Klage im Hinblick auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom 24. Juni 2004 stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen, weil nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts der Schutz der Privatsphäre der Abgebildeten hinter das mit der Pressefreiheit verwirklichte Informationsinteresse der Allgemeinheit zurücktrete, wenn die veröffentlichte Aufnahme die abgebildete Person in der Öffentlichkeit zeige. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision des Klägers mit Urteil vom 6. März 2007 das Urteil des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Urteil mit Beschluss vom 16. Juni 2008 aufgehoben und die Sache an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen. Es hat unter Bezugnahme auf seinen Beschluss vom 26. Februar 2008 (- 1 BvR 1602/07 u. a. -) eine nähere Würdigung des Berichts, dem die Aufnahme beigefügt war, im Hinblick auf dessen Informationsgehalt vermisst. Der Bericht über die Vermietung der Villa an Dritte sei mit wertenden Anmerkungen kommentiert, die Anlass für sozialkritische Überlegungen der Leser sein könnten. Das könne Anlass für eine die Allgemeinheit interessierende Sachdebatte geben und es grundsätzlich rechtfertigen, den Vermieter des in dem Beitrag behandelten Anwesens im Bild darzustellen.

Der u. a. für Fragen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuständige VI. Zivilsenat wird deshalb erneut zwischen den Rechten des Klägers und der Pressefreiheit der Beklagten abzuwägen haben.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 14. Januar 2009 – EuGH-Vorlage – dort noch anhängig)

VIII ZR 70/08

LG Kassel - Entscheidung vom 24. November 2006 - 4 O 1248/06

OLG Frankfurt am Main - Entscheidung vom 14. Februar 2008 - 15 U 5/07

(veröffentlicht in ZGS 2008, 315)

Der Kläger erwarb bei der Beklagten Bodenfliesen und hat, nachdem er sie in seinem Wohnhaus verlegen ließ, wegen Mangelhaftigkeit der Kaufsache die Lieferung neuer Fliesen sowie die Zahlung zukünftig noch entstehender Aus- und Einbaukosten in Höhe von 5.830,57 € begehrt.

Das Landgericht hat der Klage zu einem geringen Teil in Höhe von 273,10 € stattgegeben und sie im Übrigen, namentlich wegen der Ausbaukosten, abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagte dagegen unter anderem zur Zahlung der Kosten für den Ausbau der Fliesen in Höhe von 2.122,37 € verurteilt und im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Beklagten übergebenen Fliesen seien bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen, weil sie herstellungsbedingte Polierfehler aufwiesen und damit für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung als Bodenbelag im Wohnbereich eines Einfamilienhauses ungeeignet seien. Der Kläger könne daher gemäß § 437 Nr. 1 BGB* - verschuldensunabhängig - Nacherfüllung gemäß § 439 Abs. 1 BGB** verlangen. Zu den von dem Verkäufer zu tragenden Nacherfüllungskosten im Sinne des § 439 Abs. 2 BGB gehörten zwar nicht die Kosten für die Neuverlegung der mangelfreien Fliesen, es würden davon jedoch die Kosten für den Ausbau der bereits eingebauten mangelhaften Fliesen erfasst. Die Beklagte könne die Nacherfüllung auch nicht nach § 439 Abs. 3 BGB verweigern, denn es könne nicht festgestellt werden, dass die anfallenden Kosten unverhältnismäßig hoch seien.

Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten.

Nachdem der Senat einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Ersatz der Kosten der Neuverlegung mit seinem Urteil vom 15. Juli 2008 (Pressemitteilung Nr. 133/08 vom 15. Juli 2008) verneint hat, wird er nunmehr darüber zu entscheiden haben, ob die Ausbaukosten von dem verschuldensunabhängigen Nacherfüllungsanspruch umfasst werden.

Folgender Tenor zur EuGH-Vorlage wurde am 14. Januar 2009 verkündet:

I. Das Verfahren wird ausgesetzt.

II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, wonach der Verkäufer im Falle der Vertragswidrigkeit des gelieferten Verbrauchsgutes die vom Verbraucher verlangte Art der Abhilfe auch dann verweigern kann, wenn sie ihm Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswidrigkeit hätte, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unzumutbar (absolut unverhältnismäßig) wären?

2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Unterabs. 3 der vorbezeichneten Richtlinie dahin auszulegen, dass der Verkäufer im Falle der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchs-gutes durch Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus des ver-tragswidrigen Verbrauchsgutes aus einer Sache, in die der Verbraucher das Verbrauchsgut gemäß dessen Art und Verwendungszweck eingebaut hat, tragen muss?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

(Verhandlungstermin: 12. November 2009 – EuGH-Vorlage – dort noch anhängig)

X ZR 58/07 (früher: Xa ZR 58/07)

Bundespatentgericht – Entscheidung vom 5. Dezember 2006 – 3 Ni 42/04

Der Beklagte ist Inhaber eines am 19. Dezember 1997 angemeldeten und am 29. April 1999 erteilten deutschen Patents, das neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten betrifft. Der Kläger - Greenpeace e.V. - greift dieses Patent mit der Patentnichtigkeitsklage an, soweit es um Zellen geht, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden.

Nach den Ausführungen in der Patentschrift stellt die Transplantation von Hirnzellen in das Nervensystem eine Erfolg versprechende Methode für die Behandlung zahlreicher neurologischer Erkrankungen dar. Ausgereifte Nervenzellen weisen danach nur eine geringe Regenerationsfähigkeit auf. Deshalb werden überwiegend Transplantate vorwiegend aus dem embryonalen Gehirn gewonnen. Das Patent beschreibt einen Weg, auf dem für die Transplantation geeignete Zellen - so genannte Vorläuferzellen - aus embryonalen Stammzellen gewonnen werden können, und beansprucht Schutz für dieses Verfahren und die Vorläuferzellen.

Der Kläger hat beantragt, das Patent wegen Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung und die guten Sitten für nichtig zu erklären, soweit die Patentansprüche Vorläuferzellen umfassen, die aus menschlichen embryonalen Stammzellen gewonnen werden. Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Er hat unter anderem geltend gemacht, die Patentansprüche seien nicht auf eine Verwendung menschlicher Embryonen gerichtet. Die Möglichkeit, dass in einem dem patentgemäßen Verfahren vorgelagerten Schritt menschliche Embryonen "verbraucht" würden, begründe keinen Verstoß des Patents gegen die öffentliche Ordnung.

Das in erster Instanz zuständige Bundespatentgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und das Patent für nichtig erklärt, soweit es Zellen umfasst, die aus embryonalen Stammzellen von menschlichen Embryonen gewonnen werden. Im genannten Umfang verstoße der Gebrauch der Erfindung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten. Dies ergebe sich aus § 2 Abs. 2 des Patentgesetzes in der seit dem 28. Februar 2005 geltenden Fassung, aber auch aus der zuvor geltenden Fassung des Patentgesetzes und der für die Auslegung heranzuziehenden Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 und des deutschen Embryonenschutzgesetztes vom 13. Dezember 1990.

Gegen die Entscheidung des Bundespatentgerichts hat der beklagte Patentinhaber Berufung eingelegt. Für die Entscheidung über dieses Rechtsmittel ist nach dem Patentgesetz der Bundesgerichtshof zuständig.

Das für die Erteilung europäischer Patente zuständige Europäische Patentamt hat in einem ähnlich gelagerten Fall vor kurzem entschieden, dass ein europäisches Patent nach den dafür einschlägigen Vorschriften nicht für Erzeugnisse erteilt werden darf, die im Anmeldezeitpunkt ausschließlich durch ein Verfahren hergestellt werden konnten, das zwangsläufig mit der Zerstörung der menschlichen Embryonen einhergeht, aus denen die Erzeugnisse gewonnen werden, selbst wenn dieses Verfahren nicht Teil der Ansprüche ist (Entscheidung der Großen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts vom 25. November 2008 - G 2/06). Der Bundesgerichtshof wird gegebenenfalls zu entscheiden haben, ob Entsprechendes für die Erteilung deutscher Patente gilt.

Folgender Tenor wurde am 12. November 2009 zur EuGH-Vorlage verkündet:

II. Das Verfahren wird ausgesetzt.

III. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 1 Buchst. b, Abs. 3 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Rechtsfragen vorgelegt:

1. Was ist unter dem Begriff "menschliche Embryonen" in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44/EG zu verstehen?

a) Sind alle Entwicklungsstadien menschlichen Lebens von der Befruchtung der Eizelle an umfasst oder müssen zusätzliche Voraussetzungen wie zum Beispiel das Erreichen eines bestimmten Entwicklungsstadiums erfüllt sein?

b) Sind auch folgende Organismen umfasst:

(1) unbefruchtete menschliche Eizellen, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert worden ist; (2) unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind?

c) Sind auch Stammzellen umfasst, die aus menschlichen Embryonen im Blastozystenstadium gewonnen worden sind?

2. Was ist unter dem Begriff "Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken" zu verstehen? Fällt hierunter jede gewerbliche Verwertung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie, insbesondere auch eine Verwendung zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung?

3. Ist eine technische Lehre auch dann gemäß Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie von der Patentierung ausgeschlossen, wenn die Verwendung menschlicher Embryonen nicht zu der mit dem Patent beanspruchten technischen Lehre gehört, aber notwendige Voraussetzung für die Anwendung dieser Lehre ist,

a) weil das Patent ein Erzeugnis betrifft, dessen Herstellung die vorhergehende Zerstörung menschlicher Embryonen erfordert,

b) oder weil das Patent ein Verfahren betrifft, für das als Ausgangsmaterial ein solches Erzeugnis benötigt wird?

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

XI ZR 292/10

LG Frankfurt am Main - Urteil vom 28. Oktober 2008 - 2-19 O 13/08

OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 4. August 2010 - 23 U 230/08

(veröffentlicht WM 2010, 1790)

Die Klägerin, die als kommunales Versorgungsunternehmen die Stadtwerke der Stadt Pforzheim betreibt, nimmt die beklagte Bank auf den Ausgleich erlittener Verluste im Zusammenhang mit dem Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages in Anspruch.

Die Klägerin strebte an, ihre Zinsbelastung aus dem Kreditportfolio zu reduzieren. In zwei Beratungsgesprächen am 27. Januar und 1. Februar 2005 empfahl die Beklagte auf Grundlage ihrer Prognose, dass sich die Differenz (Spread) zwischen dem Zwei-Jahres-Zinssatz und dem Zehn-Jahres-Zinssatz künftig voraussichtlich deutlich ausweiten werde, der Klägerin den Abschluss eines CMS Spread Ladder Swap-Vertrages, den die Parteien im Februar 2005 auch abschlossen. Danach verpflichtete sich die Beklagte, an die Klägerin aus einem Bezugsbetrag von 25.000.000 € für die Laufzeit von sieben Jahren halbjährlich Zinszahlungen in Höhe eines festen Zinssatzes von 3,5% p.a. zu erbringen, wohingegen sich die Klägerin im Austausch verpflichtete, zu denselben Zeitpunkten aus der Bezugssumme im ersten Jahr Zinsen in Höhe von 1,5% p.a. an die Beklagte zu zahlen und danach einen variablen Zinssatz, der mindestens bei 0,0% liegt und sich abhängig von der Entwicklung des "Spreads" zwischen dem 10- und 2-Jahres-Swap-Mittelsatz auf EURIBOR Basis (CMS10 - CMS 2) nach der Formel "Zinssatz der Vorperiode + 2 x [Strike - (CMS10 - CMS 2)] berechnet. Die Höhe des "Strike" lag anfänglich bei 1,02% und sank über die Vertragslaufzeit stufenweise auf 0,82%, 0,62% und 0,42% ab. Es wurde die Saldierung der wechselseitigen Zinszahlungen vereinbart, so dass nur die Partei, die zu den jeweiligen Fälligkeitsterminen den höheren Betrag schuldete, die Differenz zwischen den geschuldeten Beträgen zu zahlen hatte. Die Beklagte behielt sich das Recht vor, den Vertrag ab dem zweiten Zahlungstermin zu jedem Zahlungstermin einseitig beenden zu können.

Da ab Herbst 2005 der für die Berechnung der Zinszahlungspflicht der Klägerin maßgebliche "Spread" sank, brach der Marktwert des Vertrages zu Lasten der Klägerin ein. Mit Schreiben von 11. April 2006 erklärte sie die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, die die Beklagte zurückwies. Ab Februar 2007 ergab sich eine überwiegende Zinszahlungspflicht der Klägerin. Letztlich lösten die Parteien den Vertrag am 4. Dezember 2007 gegen Zahlung eines Ausgleichsbetrages durch die Klägerin in Höhe des aktuellen negativen Marktwertes von 4.105.000 € auf.

Mit ihrer Klage verlangt die Klägerin - unter Anrechnung erhaltener Zinszahlungen - die Rückzahlung von 3.908.250 € nebst Zinsen. Sie stützt dies unter anderem darauf, dass der Vertrag unwirksam sei, weil er gegen das kommunale Spekulationsverbot (§ 134 BGB) und wegen der Unausgewogenheit der Chancen und Risiken zudem gegen die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoße. Überdies ist die Klägerin der Auffassung, von der Beklagten über die Gewinnchancen arglistig getäuscht (§ 123 BGB) und zudem fehlerhaft beraten worden zu sein. Das Produkt habe nicht ihren Anlagezielen entsprochen und habe ihr im Hinblick auf die kommunalrechtliche Unzulässigkeit von Spekulationsgeschäften nicht empfohlen werden dürfen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Klageabweisung. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Verhandlungstermin: noch nicht bestimmt

XI ZR 302/10

LG Hamburg - Urteil vom 23. September 2009 - 322 O 134/09

Hanseatisches Oberlandesgericht - Urteil vom 12. August 2010 - 6 U 141/09

Der Kläger nimmt die beklagte Sparkasse aus eigenem Recht und abgetretenem Recht seiner Ehefrau auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung im Zusammenhang mit dem Erwerb von Zertifikaten der niederländischen Tochtergesellschaft der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Holdings Inc. in Anspruch.

Im Dezember 2006 wandten sich der Kläger und seine Ehefrau an die Beklagte, um sich über die Anlage eines Betrages von 60.000 € zum Zweck der Altersvorsorge beraten zu lassen. Dem hinsichtlich der Risikobereitschaft als "konservativ" eingestuften Kläger empfahl eine Mitarbeiterin der Beklagten, einen Betrag in Höhe von 10.000 € in eine "ProtectExpress-Anleihe" zu investieren, was der Kläger auch tat. Hierbei handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung der niederländischen Lehman Brothers Treasury Co. B.V., deren Rückzahlung von der US-amerikanischen Lehman Brothers Holdings Inc. garantiert wurde. Zeitpunkt und Höhe der Rückzahlung sollten abhängig von der Wertentwicklung eines Aktienkorbes sein, wobei der Anleger im ungünstigsten Fall den angelegten Betrag nach Ablauf von fünf Jahren und sechs Monaten ohne Zinsen zurückerhalten sollte.

Mit Insolvenz der Emittentin (Leman Brothes Treasury Co. B.V.) und der Garantin (Lehman Brothers Holdings Inc.) im September 2008 waren die erworbenen Zertifikate weitgehend wertlos. Mit seiner Klage verlangt der Kläger im Wesentlichen die Rückzahlung des Anlagebetrages zuzüglich des Ausgabeaufschlages und eines Zinsschadens in Höhe von insgesamt 11.110 € nebst Zinsen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte Erfolg und führte zur Abweisung der Klage. Das Berufungsgericht hat eine Beratungspflichtverletzung der Beklagten verneint. Die Empfehlung sei auch unter Berücksichtigung dessen, dass der Kläger eine "sichere" Anlage gewünscht habe, anlegergerecht gewesen. Im Dezember 2006 seien die Anleihen nach menschlichem Ermessen "sicher" gewesen, weil auf die Bonität der Garantiegeberin zu diesem Zeitpunkt noch habe vertraut werden dürfen, wie sich aus den exzellenten Ratings der drei führenden Rating-Agenturen zum 30. August 2006 ergebe. Der Kläger sei darauf hingewiesen worden, dass der Anlagebetrag nicht zurückbezahlt werde, wenn Lehman Brothers insolvent werde. Im Hinblick darauf sei eine weitergehende Aufklärung, dass die Lehman-Zertifikate nicht dem System der (deutschen) Einlagensicherung unterfallen, entbehrlich gewesen. Eine Beratungspflichtverletzung sei auch nicht darin zu sehen, dass die Beklagte über ihre beim Verkauf erzielte Gewinnmarge nicht aufgeklärt habe.

Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Termin: noch nicht bestimmt

1 StR 94/10

LG Köln – Urteil vom 4. August 2009 - 106-13/06

Das Landgericht Köln hat einen ehemaligen Vorsitzenden des CDU-Kreisverbandes Köln wegen Untreue in Tateinheit mit Betrug und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Weitere acht Mitangeklagte hat das Landgericht jeweils wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug sowie wegen Steuerhinterziehung zu Gesamtgeldstrafen zwischen 80 und 130 Tagessätzen verurteilt.

Nach den Urteilsfeststellungen erhielt der CDU-Kreisverband Köln im Jahr 1999 Parteispenden von einer oder mehreren unbekannt gebliebenen Personen in einer Gesamthöhe von 67.000 DM. Einer der Angeklagten, der damalige Vorsitzende des Kreisverbandes wollte, dass die Spenden zu Gunsten des Kreisverbandes erfasst wurden; zugleich wollte er erreichen, dass Spender und Spendenhöhe verschleiert wurden. Deshalb warb er die Mitangeklagten dafür, als Scheinspender aufzutreten, und stellte diesen falsche Quittungen über Parteispenden aus. Die Mitangeklagten machten in ihren Steuererklärungen die quittierten Spenden steuerlich geltend und verkürzten dadurch Steuern. Aufgrund der Verschleierung der tatsächlichen Gegebenheiten erhielt zudem die Bundes-CDU, wie vom Vorsitzenden des Kreisverbands erstrebt, zu Lasten der anderen am System der staatlichen Parteifinanzierung beteiligten Parteien eine ihr in dieser Höhe nicht zustehende staatliche Förderung nach dem Parteiengesetz. Gleichzeitig nahm der Angeklagte insoweit aber auch in Kauf, dass bei Bekanntwerden des tatsächlichen Sachverhaltes den Kreisverband der CDU Köln – wie dann nach Aufdeckung der Manipulationen tatsächlich auch eingetreten – erhebliche finanzielle Nachteile treffen könnten.

Nach Auffassung des Landgerichts hat sich der damalige Vorsitzende des Kreisverbandes deshalb wegen Untreue in Tateinheit mit Betrug und wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar gemacht. Die Mitangeklagten, die sich als Scheinspender bereit erklärten und die quittierten Spenden steuerlich zu ihren Gunsten geltend machten, sind nach Auffassung des Landgerichts wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Betrug sowie wegen Steuerhinterziehung zu bestrafen.

Die Angeklagten wenden sich mit auf Verfahrens- und Sachrügen gestützten Revisionen gegen ihre Verurteilung. Sie beanstanden dabei auch die Annahme einer Untreue zum Nachteil des Parteivermögens. Der zur Entscheidung über die Rechtsmittel berufene 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs wird deshalb insbesondere zu klären haben, ob der Vorsitzende des Kreisverbandes dem Parteivermögen vorsätzlich einen Nachteil zugefügt hat.

Termin: noch nicht bestimmt

3 StR 230/10

LG Berlin – Urteil vom 30. November 2009 - (502) 81 Js 250/09 (29/09)

Das Landgericht Berlin hat insgesamt sieben Angeklagte wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung, Volksverhetzung, Verbreitens von Propagandamitteln und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie wegen Anleitens zur Herstellung von Explosionsmitteln zu Freiheitsstrafen zwischen einem Jahr sowie zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es teilweise zur Bewährung ausgesetzt hat.

Nach den Feststellungen des Landgerichts betrieben die Angeklagten im Zeitraum von etwa 2007 bis Anfang 2009 unter der Bezeichnung "European Brotherhood Radio" gemeinsam ein Internetradio, über das sie – teils als moderierte Hörerwünsche, teils als sog. Dauerschleifen – Lieder mit rechtsextremistischen Texten der Gruppen "Landser", "Kommando Freisler" und sonstiger Interpreten nationalistischen Liedguts abspielten. Neben dem "Radiostream" enthielt die von den Angeklagten betriebene Internetseite Texte mit rechtsradikalen, teilweise strafbaren Inhalten, die Möglichkeit zum Herunterladen von Haken- und Keltenkreuzen sowie Anleitungen zur Herstellung von Sprengstoffen, Rohr-, Paket-, Backpulver- und Glassplitterbomben, Kanonen, Raketen, Handgranaten und Brandsätzen.

Mit ihren Revisionen wenden sich vier der Angeklagten gegen ihre Verurteilung durch das Landgericht. Der Generalbundesanwalt hat beantragt, die Revisionen im Beschlusswege zu verwerfen.

Termin: noch nicht bestimmt

5 StR 534/10

Landgericht Neuruppin- 321 Js 2/09 11 Ks (1/09) – Entscheidung vom 3. Juli 2010

Der Angeklagte, ein Berliner Polizeibeamter, tötete einen zur Festnahme ausgeschriebenen, mit einem PKW zur Flucht ansetzenden Straftäter durch einen Nahschuss. Das Landgericht Neuruppin, das bedingten Tötungsvorsatz angenommen und eine Rechtfertigung verneint hat, hat ihn wegen Totschlags zu zwei Jahren Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt. Zwei Kollegen des Hauptangeklagten hat das Landgericht wegen versuchter Strafvereitelung im Amt zu Geldstrafen verurteilt.

Die Bundesanwaltschaft hat die Verwerfung der Revisionen der drei Angeklagten und der als Nebenkläger zugelassenen Angehörigen des Getöteten im Beschlusswege beantragt.

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501