Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 73/2006

Vorschau auf Entscheidungen in den nächsten

Monaten des Jahres 2006

Verhandlungstermin: 16. Mai 2006

XI ZR 400/03

OLG Naumburg - 2 U 47/03

XI ZR 6/04

OLG Hamm - 5 U 125/03

XI ZR 15/04

OLG Hamm - 5 U 106/03

XI ZR 26/04

OLG Hamm - 5 U 92/03

XI ZR 48/04

OLG Hamm - 5 U 101/03

XI ZR 63/04

OLG Hamm - 5 U 182/03

XI ZR 92/04

OLG Hamm - 5 U 116/03

XI ZR 104/04

OLG Hamm - 5 U 229/03

XI ZR 111/04

OLG Hamm - 5 U 246/03

In den 9 Fällen wurden die Kläger jeweils von einem Vermittler geworben, zum Zwecke der Steuerersparnis ohne nennenswertes Eigenkapital eine Eigentumswohnung zu erwerben. Die Kläger schlossen deshalb jeweils einen entsprechenden notariellen Kaufvertrag ab und traten einer Mieteinnahmegesellschaft bei. Zur Finanzierung des Kaufpreises schloss die beklagte Bausparkasse als Vertreterin einer Bank mit den Käufern ein Vorausdarlehen, das mit Hilfe von zwei bei der Beklagten abgeschlossenen anzusparenden Bausparverträgen getilgt werden sollte. Eine Belehrung der Käufer und Darlehensnehmer nach dem Haustürwiderrufsgesetz erfolgte nicht. Die Käufer bestellten für die Bausparkasse jeweils eine Grundschuld an der gekauften Eigentumswohnung über die Darlehenssumme, übernahmen dafür die persönliche Haftung und unterwarfen sich der Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen. Nachdem die Kläger das aufgenommene Vorausdarlehen einige Jahre bedient hatten, widerriefen sie ihre Darlehensvertragserklärungen, da sie über ihr Widerrufsrecht nach dem Haustürwiderrufsgesetz nicht belehrt worden seien. Mit ihren Klagen wenden sie sich gegen die Zwangsvollstreckung der beklagten Bausparkasse, an die die darlehensgebende Bank ihre Ansprüche abgetreten hat. Sie machen insbesondere geltend, mit Rücksicht auf die unterbliebene Widerrufsbelehrung nach dem Haustürwiderrufsgesetz könnten sie die Rückzahlung des Darlehens verweigern und die Bausparkasse auf die gekaufte Eigentumswohnung verweisen. Außerdem behaupten sie, über die mit der Eigentumswohnung verbundenen Risiken getäuscht bzw. nicht hinreichend aufgeklärt worden zu sein. Die Vorinstanzen haben die Klagen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat aber die Revision zugelassen.

Der XI. Zivilsenat hat die Verhandlung in den 9 Sachen zunächst zurückgestellt, um die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) auf die Vorlage des Landgerichts Bochum (WM 2003, 1609) in einer Sache abzuwarten, an der die beklagte Bausparkasse beteiligt ist. Die Entscheidung des EuGH ist am 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079) ergangen. Es wird in den 9 Sachen voraussichtlich auch darum gehen, welche Konsequenzen aus der Entscheidung zu ziehen sind.

Verhandlungstermin: 31. Mai 2006

VIII ZR 200/05

LG Nürnberg-Fürth - 7 O 10714/04 ./. OLG Nürnberg - 3 U 991/05

Im Sommer 2000 bestellte eine Kundin für ihren privaten Bedarf bei der Beklagten, die ein Versandhandelsunternehmen betreibt, ein „Herd-Set“ zum Preis von 524,90 Euro. Die Ware wurde im August 2002 geliefert. Im Januar 2004 stellte die Kundin fest, dass sich die Emailleschicht im Backofen abgelöst hatte. Da eine Reparatur des Gerätes nicht möglich war, tauschte die Beklagte den Backofen vereinbarungsgemäß noch im Januar 2004 aus. Die Beklagte verlangte daraufhin von der Käuferin die Zahlung einer Entschädigung für die Nutzung des ursprünglich gelieferten Gerätes von zunächst 119,97 Euro, später 69,97 Euro. Die Käuferin zahlte diesen Betrag an die Beklagte.

Mit seiner Klage verlangt der Kläger, ein Verbraucherverband, von der Beklagten Rückzahlung dieses Betrags in Höhe von 67,86 Euro nebst Zinsen. Die Käuferin hat den Kläger zur Durchsetzung dieses Anspruchs ermächtigt. Weiterhin verlangt der Kläger unter anderem von der Beklagten, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit der Lieferung von Waren, die als Ersatz für mangelhafte Kaufgegenstände zur Verfügung gestellt werden, von Verbrauchern für die Nutzung der mangelhaften Ware eine Entschädigung zu verlangen.

Das Landgericht hat dem Zahlungsantrag stattgegeben und den Unterlassungsan-trag abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung beider Parteien hat das Beru-fungsgericht unter Zulassung der Revision zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage auch hinsichtlich des Zahlungsan-spruchs. Der Kläger verfolgt mit seiner Revision den Unterlassungsantrag weiter.

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichts-hofs hat im vorliegenden Fall eine Streitfrage zu entscheiden, die von erheblicher praktischer Bedeutung ist. Ein Käufer kann, wenn die gekaufte Sache mangelhaft ist, gemäß § 437 Nr. 1, § 439 Abs. 1 BGB nach seiner Wahl die Beseitigung des Mangels oder die Lieferung einer mangelfreien Sache verlangen. Liefert der Verkäufer daraufhin eine mangelfreie Sache, so hat er nach § 439 Abs. 4 BGB einen Anspruch gegen den Käufer auf Rückgewähr der geleisteten mangelhaften Sache. Ob der Verkäufer darüber hinaus nach § 439 Abs. 4 in Verbindung mit § 346 Abs. 1 BGB auch eine Entschädigung dafür verlangen kann, dass der Käufer die zunächst gelieferte mangelhafte Sache hat nutzen können, ist umstritten.

Verhandlungstermin: 1. Juni 2006

3 StR 77/06

Landgericht Lübeck – 2 a KLs 1/05

Die Jugendkammer hat den zur Tatzeit noch nicht ganz 21 Jahre alten Angeklagten V. O. wegen Mordes zu einer Jugendstrafe von acht Jahren und neun Monaten und seinen jüngeren Bruder, den zur Tatzeit gerade erst 18 Jahre alten Angeklagten A. O. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Das Landgericht ist von folgenden Feststellungen ausgegangen:

Beide Angeklagte entstammen einer aus Kasachstan übergesiedelten Familie. Der jüngere Bruder A. O. besuchte die Realschule in Ahrensburg, bekam aber alsbald wegen wiederholter Disziplinlosigkeiten Probleme mit seiner als streng, aber gerecht geltenden 55-jährigen Klassenlehrerin. Er suchte die Ursache für diese Schwierigkeiten indes weniger bei sich, sondern fühlte sich ungerecht behandelt. Er besprach sich mit seinem größeren Bruder V. O. und beide beschlossen, die Lehrerin zu Hause aufzusuchen und sie durch Bedrohung mit Gewalt einzuschüchtern. Nachdem sie sich unter einem Vorwand Zutritt verschafft hatten, griff V. O. sogleich die Lehrerin an und schlug sie unter Verwendung eines Schlagrings mit sechs wuchtigen Faustschlägen nieder. Danach entschloss er sich, sie mit dem mitgeführten Messer aus Rache für die angeblich schlechte Behandlung seines jüngeren Bruders zu töten. Mit zahlreichen Stichen gegen Brustkorb und Hals führte er ihren Tod herbei.

Bei V. O. nahm das Landgericht Mord aus niedrigen Beweggründen an. Dagegen rechnete es seinem jüngeren Bruder nur die Mittäterschaft an der anfänglichen Körperverletzung zu, vermochte jedoch bei ihm keinen Tötungsvorsatz und keine Beteiligung an dem Tötungsgeschehen festzustellen. Sämtliche Verfahrensbeteiligte haben Revision eingelegt. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger beanstanden insbesondere, dass A. O. nicht wegen eines Tötungsdeliktes verurteilt worden ist.

Verhandlungstermin: 13. Juni 2006

VI ZR 323/04

LG Frankfurt/Main - 2/21 O 362/98 ./. OLG Frankfurt/Main - 8 U 194/03

Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu Robodoc-Verfahren

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen einer nach ihrer Auffassung fehlerhaft und ohne die erforderliche Aufklärung durchgeführten ärztlichen Behandlung. Im September 1995 implantierte der Beklagte zu 3 der Klägerin mittels eines computerunterstützten Fräsverfahrens (Robodoc) eine zementfreie Hüftgelenksendoprothese. Als Folge einer operationsbedingten Nervschädigung leidet die Klägerin unter Funktionsbeeinträchtigungen an Fuß und Bein. Die Vorinstanzen haben sowohl einen Behandlungsfehler als auch einen Aufklärungsfehler verneint und die Klage abgewiesen.

Der Fall gibt dem VI. Zivilsenat Gelegenheit, sich mit dem Umfang der ärztlichen Aufklärungspflicht bei so genannten Neulandverfahren zu befassen. Auch könnte von Bedeutung sein, inwieweit vom Patienten vorgelegte Privatgutachten weitere Versuche des Gerichts zur Aufklärung des Sachverhalts erforderlich machen.

Verhandlungstermin: 13. Juni 2006

IX ZR 94/03

LG Karlsruhe – 4 O 137/02 ./. OLG Karlsruhe – 6 U 181/02

Die Parteien streiten um einen Schadensersatzanspruch wegen Vollziehung einer ungerechtfertigten einstweiligen Verfügung.

Der Kläger ist ein Rechtsanwalt, der im Januar 1998 für eine „Rechtsberatungs-Hotline“ tätig geworden war. Grundlage der Zusammenarbeit zwischen den Hotline-Betreibern und dem Kläger war ein Rahmennutzungsvertrag, nach dem der Kläger Beratungszeiträume pro Tag (sog. „Zeitscheiben“) buchen konnte. Rechtsuchende, die bei diesen Hotline-Betreibern anriefen, wurden – unter anderem – an den Kläger weitergeleitet. Für die Beratungstätigkeit wurde er an den von den Anrufern zu entrichtenden Telefongebühren beteiligt. Nach eigenen Angaben hat der Kläger durch diese Tätigkeit in den Monaten Januar und Februar 1998 insgesamt € 333,51 zuzüglich Umsatzsteuer verdient.

Auf den Antrag u. a. des beklagten Rechtsanwalts untersagte das Landgericht München I im Wege einer dem Kläger am 14. April 1998 zugestellten einstweiligen Verfügung den Hotline-Betreibern den Betrieb der Hotline, und dem Kläger die Mitwirkung hieran. Der Kläger, der gegen diesen Beschluss zunächst Widerspruch eingelegt hatte, nahm diesen am 7. Mai 1998 wieder zurück und gab am 18. Mai 1998 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Die übernommene Unterlassungsverpflichtung war auflösend bedingt, solange seine Handlung vom Hauptsachegericht für rechtswidrig angesehen wurde. Der Kläger behielt sich alle Rechte einschließlich Schadensersatz vor. Auf den Widerspruch der Hotline-Betreiber hob das OLG München am 23. Juli 1998 die einstweilige Verfügung ihnen gegenüber auf, nachdem der Beklagte und die weiteren Antragsteller gegenüber den Hotline-Betreibern bereits am 24. Juni 1998 auf ihre Rechte daraus verzichtet hatten. Der Kläger legte seinerseits am 17. August 1998 erneut Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung ein. Der Beklagte nahm den Verfügungsantrag daraufhin in der mündlichen Verhandlung vor dem LG München I am 24. September 1998 zurück.

Nach Erlass der einstweiligen Verfügung nahmen die Hotline-Betreiber den Kläger am 8. Mai 1998 mit sofortiger Wirkung aus der Rechtsberatungshotline heraus, wobei sie ihm bestätigten, ihn wieder an ihrem Dienst teilnehmen lassen zu wollen, sollte die einstweilige Verfügung aufgehoben werden. Nach dem Verzicht der Antragsteller auf ihre Rechte aus der einstweiligen Verfügung bemühte sich der Kläger bis zum November 1998 indes mehrfach vergeblich um eine Wiederaufnahme in die Hotline.

Der Bundesgerichtshof hat in einem bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren mit Urteil vom 26. September 2002 (I ZR 102/00, DStR 2003, 1852) entschieden, dass der Betrieb einer Rechtsberatungs-Hotline nicht gegen Vorschriften des anwaltlichen Gebührenrechts verstößt.

Der Kläger fordert von dem Beklagten Schadensersatz nach § 945 ZPO. Danach ist eine Partei, die eine einstweilige Verfügung erwirkt hat, die später aufgehoben wird oder die sich als von Anfang an ungerechtfertigt erweist, dem Gegner zum Ersatz des Vollziehungsschadens verpflichtet. Der Kläger macht geltend, er sei durch die einstweilige Verfügung während des Zeitraums vom 8. Mai 1998 bis zum 31. Dezember 2002 an einer Tätigkeit für die Hotline gehindert gewesen. Dadurch sei ihm ein Schaden von insgesamt € 211.103,- entstanden.

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen und dazu ausgeführt, durch die Abgabe der Unterlassungserklärung sei die Wiederholungsgefahr ausgeräumt und damit der einstweiligen Verfügung die Grundlage entzogen worden. Weil der Kläger diese hätte zu Fall bringen können, sei der für den Schadensersatzanspruch erforderliche Vollstreckungsdruck entfallen. Der behauptete Schaden sei zudem nicht auf die Zustellung der einstweiligen Verfügung zurückzuführen. Weil der Kläger nach Abgabe der Unterwerfungserklärung nicht sogleich auf die Aufhebung der einstweiligen Verfügung hingewirkt habe, treffe ihn jedenfalls ein Mitverschulden an der Schadensentstehung. Schließlich habe der Beklagte nicht dargelegt, welche Anstrengungen er im Rahmen der ihm obliegenden Schadensminderungspflicht unternommen habe, den behaupteten Verdienstausfall durch andere Tätigkeiten aufzufangen.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten hat der Senat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BGHZ 131, 141) setzt ein Schadensersatzanspruch nach § 945 ZPO grundsätzlich voraus, dass sich der Schuldner dem Vollstreckungsdruck gebeugt hat. Der Senat hat sich nun u. a. mit der Frage zu befassen, ob ein Anspruch nach dieser Vorschrift ab Abgabe einer Unterwerfungserklärung ausscheidet.

Verhandlungstermin: 22. Juni 2006

3 StR 284/05

Kammergericht in Berlin – (1) 2 StE 11/00 (4/00)

Das Kammergericht in Berlin hat fünf frühere Mitglieder einer „Revolutionären Zelle (RZ)“ wegen Rädelsführerschaft bzw. Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wegen Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion u. a. nach einer Hauptverhandlungsdauer von annähernd drei Jahren am 18. 3. 2004 zu Freiheitsstrafen zwischen zwei Jahren und zehn Monaten und vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Es hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Die Angeklagten gehörten seit mindestens 1985 einer in Berlin gebildeten „Revolutionären Zelle“ an, die aus Sicherheitsgründen zunächst in zwei getrennte Gruppen aufgeteilt war, jedoch gemeinsam agierte. Gegenstand der Verurteilung sind u. a. die Schusswaffenanschläge auf den Leiter der Ausländerbehörde Harald Hollenberg am 28. 10. 1986 und auf den Vorsitzenden eines Senates für Asylsachen am Bundesverwaltungsgericht Dr. Korbmacher am 1. 9. 1987 sowie die Sprengstoffanschläge auf die Zentrale Sozialhilfestelle für Asylbewerber am 6. 2. 1987 und auf die Siegessäule am 15. 1. 1991. Das Verfahren ist durch die Besonderheit gekennzeichnet, dass die Beweisführung weitgehend auf der Aussage eines Kronzeugen beruht. Nach einem Sprengstoffdiebstahl waren die Ermittlungsbehörden auf die Spur des weiteren früheren Mitglieds der RZ, T. M., gestoßen und konnten diesen – noch während der Geltungsdauer der bis 31. Dezember 1999 befristeten Kronzeugenrege

lung – als aussagebereiten Zeugen gewinnen.

Gegen das Urteil haben vier Angeklagte Revision eingelegt, während der fünfte für seine Person ein Geständnis abgelegt und sodann seine Verurteilung akzeptiert hatte. Der Generalbundesanwalt hat bei zweien der Revisionsführer die Verwerfung des Rechtsmittels durch Beschluss und bei den anderen beiden im Hinblick auf eine von beiden erhobene Verfahrensrüge die Anberaumung eines Termins zur Hauptverhandlung beantragt.

Verhandlungstermin: 27. Juni 2006

1 StR 129/06

Landgericht Traunstein - Entscheidung vom 15. November 2005 - 5 Ks 402 Js 15172/04

Das Landgericht Traunstein hat den Angeklagten mit Urteil vom 15. November 2005 von dem Tatvorwurf des Mordes freigesprochen. Hiergegen richtet sich die Revision der Staatsanwaltschaft.

Der Angeklagte war bereits am 13. Juli 2004 durch das Landgericht Traunstein wegen Mordes und Vergewaltigung sowie wegen Mordes in Tateinheit mit versuchter sexueller Nötigung zu einer lebenslangen Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt worden, wobei die besondere Schwere seiner Schuld festgestellt wurde. Der Angeklagte hatte bei zwei Lkw-Fahrten nach Italien in den Jahren 1999 und 2000 jeweils eine Anhalterin mitgenommen und nach sexuellen Übergriffen erdrosselt; die Leichen seiner Opfer hatte er in einiger Entfernung vom jeweiligen Tatort abgelegt.

Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeklagten nunmehr zur Last, bei einer Lkw-Fahrt nach Italien im Mai 2001 eine albanische Staatsangehörige getötet zu haben, die in der italienischen Stadt Treviso als Prostituierte tätig war. Die Leiche der durch Ersticken zu Tode gekommenen Frau wurde am 20. Mai 2001 in einem Industriegebiet unter Bauschutt verborgen von spielenden Kindern aufgefunden. Nach den Feststellungen des Landgerichts passierte der Angeklagte am Abend des 14. Mai 2001 mit seinem Lkw die Stelle, an der die Geschädigte ihrer Tätigkeit nachging. In der Schlafkoje des von dem Angeklagten benutzten Lkw wurde eine DNA-Spur der Geschädigten aufgefunden. Das Landgericht vermochte sich von der Schuld des Angeklagten gleichwohl nicht zu überzeugen. Zeugenaussagen und Telefonverbindungsdaten legten nahe, dass die Geschädigte noch zu einem Zeitpunkt am Leben war, als der Angeklagte Italien bereits verlassen hatte. Weiterhin sei nicht auszuschließen, dass ein anderer Fahrer der Spedition oder der Angeklagte selbst zu einem früheren Zeitpunkt Kontakt mit der Geschädigten gehabt habe und die festgestellte DNA-Spur bei dieser Gelegenheit entstanden sei.

Verhandlungstermin: 27. Juni 2006

5 StR 482 bis 485/05, 76/06, 77/06

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 27.04.2004

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 26.05.2004

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 15.06.2004

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 29.06.2004

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 14.11.2003

Wuppertal, LG - 211 Js 370/99 26 KLs 14/02 VI - vom 17.12.2003

Das Landgericht hat zwei frühere Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungsbaugesellschaft (GWG) der Stadt Wuppertal wegen mehrerer Fälle der Untreue und der Steuerhinterziehung zu Freiheitsstrafen von sechs Jahren bzw. fünf Jahren und sechs Monaten sowie zu hohen Schadenersatzzahlungen an die GWG verurteilt. Einen Prokuristen der GWG hat es wegen Untreue in einem Fall zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Von den Vorwürfen weiterer Untreuehandlungen und der Steuerhinterziehung hat es den Prokuristen freigesprochen. Den Vorstandsvorsitzenden einer privatrechtlich organisierten Stiftung hat das Landgericht wegen Bestechung in Tateinheit mit Untreue zu einer Bewährungsstrafe sowie wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt. Einen ehemaligen Oberamtsanwalt der Staatsanwaltschaft Wuppertal, der ebenfalls Vorstandsmitglied dieser und einer weiteren Stiftung war, hat es wegen mehrerer Fälle der Bestechung und Untreue zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten sowie zu hohen Schadenersatzzahlungen an die GWG und an eine der Stiftungen verurteilt. Schließlich hat das Landgericht einen Wuppertaler Bauunternehmer wegen Beteiligung an den Untreuedelikten zu einer Bewährungsstrafe und wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt; den von der Staatsanwaltschaft beantragten Verfall von Wertersatz hat es hingegen nicht angeordnet.

Den Verurteilungen liegt nach den Feststellungen des Landgerichts vereinfacht zusammengefasst Folgendes zu Grunde: Die Stiftungen planten die Errichtung von Altersheimen in Wuppertal, deren Betrieb u. a. durch die GWG erfolgen sollte. Die GWG ließ die hierfür erforderlichen Baumaßnahmen durch den Bauunternehmer ausführen. Der Auftragsvergabe und zwei Grundstücksankäufen zu überteuerten Preisen durch die GWG war vorausgegangen, dass die Geschäftsführer der GWG großzügige Geld- und Sachzuwendungen von dem ehemaligen Oberamtsanwalt erhielten; dieser bekam wiederum für seine Bemühungen eine erhebliche Provision durch den Bauunternehmer. Die erhaltenen Vorteile wurden von den Empfängern überwiegend nicht versteuert. Zudem verpflichteten die Vorstandsmitglieder einer der Stiftungen ein Mitglied der Fraktion der Grünen im Wuppertaler Stadtrat als Berater, damit dieser naturschutzrechtliche Maßnahmen der Stadt Wuppertal im Interesse dieser Angeklagten in den politischen Gremien der Stadt lenken sollte.

In den Revisionsverfahren, die der Bundesgerichtshof aufgrund Sachzusammenhangs zu gemeinsamer Verhandlung verbunden hat, wenden sich die Angeklagten gegen ihre Verurteilungen. Die Staatsanwaltschaft revidiert hinsichtlich des ergangenen Teilfreispruchs des Prokuristen sowie hinsichtlich der Strafzumessung und der Nichtanordnung des Verfalls bei dem Bauunternehmer. Der Bundesgerichtshof wird u. a. Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Bemessung des Untreueschadens und der ausgeurteilten Schadenersatzbeträge, mit der Versteuerung von Schmiergeldern und mit der Frage der Bestechlichkeit des Stadtrats zu entscheiden haben. Die Revisionshauptverhandlung findet im Großen Sitzungssaal des Bundesverwaltungsgerichts statt.

Verhandlungstermin: 28. Juni 2006

VIII ZR 124/05

AG Schwetzingen - 52 C 130/04 ./. LG Mannheim - 4 S 122/04

Die Beklagten waren vom 3. Januar 2000 bis zum 31. Januar 2004 Mieter einer Wohnung des Klägers in Hockenheim. Nach § 8 Ziff. 3 des vom Kläger verwendeten Formularmietvertrags verpflichtet sich der Mieter, die Schönheitsreparaturen in Küche, Wohnküche, Kochküche, Speisekammer, Besenkammer, Bad, Dusche und WC alle drei Jahre und im Wohnzimmer, Schlafzimmer, Dielen, Korridoren und allen sonstigen Räume alle fünf Jahre auszuführen. Gemäß § 17 des Vertrags sind die Mieträume bei Beendigung des Mietverhältnisses in besenreinem Zustand zurückzugeben. Mit Schreiben vom 19. Januar 2004 forderte der Kläger die Beklagten unter Fristsetzung zur Vornahme von Tapezier- und Reinigungsarbeiten sowie zu weiteren Mängelbeseitigungsmaßnahmen auf. Dies lehnten die Beklagten ab.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, soweit für das Revisionsverfahren noch von Interesse, von den Beklagten Zahlung von Schadensersatz wegen der Kosten von Maler- und Reinigungsarbeiten. Die Beklagten haben im Wege der Widerklage die Auszahlung einer Mietkaution verlangt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage im Wesentlichen stattgegeben. Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch des Klägers wegen nicht ausgeführter Schönheitsreparaturen verneint, weil ein unzulässiger „starrer“ Fristenplan vorliege, der die Unwirksamkeit der gesamten Regelung zur Folge habe. Des Weiteren stehe dem Kläger auch im Hinblick auf sein Vorbringen, dass sich an Wänden und Decken ein starker Nikotinbelag gebildet habe, kein Schadensersatzanspruch wegen einer vertragswidrigen Nutzung der Räume zu. Die Parteien hätten keine Vereinbarung getroffen, dass in der gemieteten Wohnung nicht geraucht werden dürfe. Daher stelle Rauchen  auch starkes Rauchen  keine Pflichtwidrigkeit dar. Auch Reinigungskosten könne der Kläger nicht verlangen, weil die mietvertragliche Verpflichtung zur Rückgabe der Wohnung in besenreinem Zustand nur die Beseitigung groben Schmutzes umfasse. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine im Berufungsrechtszug gestellten Anträge weiter.

Verhandlungstermin: 28. Juni 2006

2 StR 271/05

Landgericht Mühlhausen – 350 Js 41163/95-8Kls

Das Landgericht Mühlhausen hat den Angeklagten P. wegen Betruges unter Einbeziehung weiterer Strafen aus einer früheren Verurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren verurteilt. Den weiteren Angeklagten K., der für den Angeklagten P. als Steuerberater tätig war, hat das Landgericht vom Vorwurf des Betruges bzw. der Beihilfe hierzu freigesprochen.

Der Angeklagte P. beabsichtigte im Jahr 1990 gemeinsam mit einem in der damaligen DDR ansässigen Elektronikunternehmen die Errichtung eines Werkes zur Herstellung von CDs. Eigentümer und Betreiber dieses Werkes sollten neu gegründete Gesellschaften sein, an denen der Angeklagte P. zu einem Drittel und der ostdeutsche Elektronikkonzern zu zwei Dritteln beteiligt waren. Die Errichtung des Werks sollte zu einem Festpreis von rund 235 Mio. DM durch ein von dem Angeklagten kontrolliertes Bauunternehmen als Generalunternehmerin erfolgen. Nach den Feststellungen des Landgerichts kalkulierte der Angeklagte P. dabei mit einem zu erzielenden Gewinn in Höhe von ca. 80 Mio. DM, der deutlich über dem zur damaligen Zeit im industriellen Anlagenbau üblicherweise eingerechneten Gewinn gelegen habe. Zur Finanzierung des Unternehmens bewilligte das Wirtschaftsministerium des Landes Thüringen auf Antrag der Besitzgesellschaft einen Investitionszuschuss von 55,89 Mio. DM. Eine Angabe des einkalkulierten Gewinns war in dem gestellten Antrag nicht enthalten. Ebenso wurden in der Folgezeit ein weiterer Zuschuss für die Vornahme einer Erweiterungsinvestition in Höhe von 7,56 Mio. DM sowie Investitionszulagen für die Jahre 1991 und 1992 über insgesamt 19,4 Mio. DM anerkannt. Nachdem das Unternehmen nachfolgend in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war, wurden die Gesellschaften durch das Land Thüringen übernommen.

Das Landgericht hat eine Täuschung der Subventionsbehörde durch den Angeklagten P. darin gesehen, dass dieser verdeckt mit einem unzulässig überhöhten Gewinn kalkuliert habe. Obwohl er an den neu gegründeten Gesellschaften nur eine Minderheitsbeteiligung gehalten habe, habe der Angeklagte den Preis für die Errichtung des CD-Werks allein bestimmt. Hierdurch sei es zu einer Überzahlung der zu bewilligenden Fördergelder in Höhe von 5,19 Mio. DM gekommen. Hinsichtlich weiterer Vorwürfe der Erlangung von Investitionszuschüssen und –zulagen in betrügerischer Weise hat das Landgericht den Angeklagten P. dagegen aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Den Angeklagten K. hat das Landgericht ebenfalls freigesprochen, da er zum einen nicht an allen Antragsverfahren beteiligt gewesen sei und er sich zum anderen bei seiner Tätigkeit auf zuvor von einem renommierten Wirtschaftsprüfungsunternehmen erstellte Bilanzen und Nachweise habe verlassen dürfen.

Gegen das Urteil haben sowohl der Angeklagte P. als auch zu Ungunsten beider Angeklagter die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

Verhandlungstermin: 29. Juni 2006

I ZR 172/03

LG Köln - 31 0 293/02 ./. OLG Köln – 6 U 212/02

Die Beklagte bietet Herstellern und Vertreibern von der Verpackungsverordnung (VerpackV) unterliegenden Verkaufsverpackungen die Möglichkeit an, ihre Rücknahme- und Verwertungspflichten nach der VerpackV durch die Teilnahme an einem Selbstentsorgersystem zu erfüllen. Bei dem System der Beklagten ist es nach den mit ihren Kunden geschlossenen Verträgen ausreichend, dass die nach der VerpackV von jedem Einzelnen zu erfüllenden Rücknahme- und Verwertungsquoten durch alle Teilnehmer insgesamt erfüllt werden; es kann also ein Ausgleich innerhalb des Systems dergestalt erfolgen, dass die Nichterfüllung der Quoten durch einzelne Teilnehmer durch die Übererfüllung der Quoten durch andere Teilnehmer ausgeglichen wird. Die Klägerin hat darin einen Verstoß gegen die VerpackV und damit zugleich gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gesehen und die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht hat das klageabweisende Urteil des Landgerichts bestätigt. Das System der Beklagten verstoße zwar gegen die VerpackV. Danach seien Selbstentsorgergemeinschaften zur gemeinschaftlichen Quotenerfüllung – anders als bei dem flächendeckenden System der Klägerin – nicht zulässig; vielmehr bleibe die Quotenerfüllung individuelle Obliegenheit jedes Teilnehmers. Gleichwohl sei das Verhalten der Beklagten nicht wettbewerbswidrig. Dem aus der VerpackV folgenden Verbot der Bildung von Selbstentsorgergemeinschaften zur Quotenerfüllung fehle eine wettbewerbsbezogene Schutzfunktion. Selbst wenn man dies anders sehe, handele die Beklagte nicht wettbewerbswidrig, weil sie sich auf ihr Verhalten ausdrücklich billigende Rechtsauffassungen des Bundesumweltministeriums, einzelner Landesministerien, der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall und insbesondere auf die tatsächliche Verwaltungspraxis der Landesbehörden in Nordrhein-Westfalen stützen könne. Offen bleiben könne daher, ob die VerpackV insoweit mit Art. 12 GG vereinbar sei.

Verhandlungstermin: 29. Juni 2006

I ZR 171/03

LG Köln - 31 0 292/02 ./. OLG Köln – 6 U 213/02

Der Sachverhalt liegt nahezu vollständig parallel zu demjenigen in der Sache I ZR 172/03. Die Klage richtet sich lediglich gegen ein anderes Unternehmen, das ebenfalls das Modell einer Selbstentsorgergemeinschaft zum Zwecke der gemeinschaftlichen (also nicht individuellen) Erfüllung der Verwertungsquoten nach der Verpackungsverordnung zum Gegenstand hat.

Verhandlungstermin: 5. Juli 2006 (bisher: 17. Mai 2006)

XII ZR 11/04

AG Lübeck, Urteil vom 25. September 2002 - 123 F 86/02 ./.

OLG Schleswig, Urteil vom 29. Dezember 2003 - 15 UF 198/02

Die Klägerin, die zuletzt als Assistenzärztin tätig war, begehrt Unterhalt von dem Vater ihres nicht in einer Ehe geborenen Kindes. Das Oberlandesgericht Schleswig hat ihr einen Unterhaltsanspruch bis zur Vollendung des siebten Lebensjahres der gemeinsamen Tochter zugesprochen. Bis zu diesem Zeitpunkt könne die Mutter wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes lediglich eine halbschichtige Tätigkeit ausüben und sei deswegen zur Sicherung ihrer Lebensstellung ergänzend auf Unterhalt angewiesen.

Mit seiner Revision begehrt der Beklagte vollständige Klagabweisung, weil der Unterhaltsanspruch der Klägerin schon vor Klagerhebung mit Vollendung des dritten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes entfallen sei. Nach § 1615 l Abs. 2 BGB schulde er als Vater des nicht in einer Ehe geborenen Kindes nur dann weiterhin Unterhalt, wenn es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen; solches sei hier nicht der Fall.

Nach Auffassung der Klägerin wäre eine Begrenzung ihres Unterhaltsanspruchs auf 3 Jahre verfassungswidrig, weil einer geschiedenen Ehefrau bei Erziehung eines gemeinsamen Kindes ein zeitlich erheblich weiter gehender Unterhaltsanspruch zustehe. Das Oberlandesgericht Hamm und das Kammergericht in Berlin haben § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB deswegen in vergleichbaren Fällen dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts steht noch aus.

Wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Regelungen für geschiedene und nicht verheiratete Eltern wird der Bundesgerichtshof zur Verfassungsmäßigkeit des § 1615 l Abs. 2 Satz 3 BGB Stellung nehmen müssen.

Verhandlungstermin: 6. Juli 2006

I ZR 145/03

LG Stuttgart - 38 0 101/02 KfH ./. OLG Stuttgart – 2 U 2/03

Beide Parteien sind bundesweit als Augenoptik-Filialisten tätig. Die Beklagte forderte in einer Werbebroschüre mit dem Titel „Kunden werben Kunden“ ihre Kunden dazu auf, einen neuen Kunden für Gleitsichtgläser zu werben, und versprach diesen im Erfolgsfall bei einem Auftragswert von mindestens 100,-- € eine Werbeprämie. Bei den 6 Werbeprämien, unter denen die Kunden wählen konnten, handelte es sich um Gegenstände des täglichen Bedarfs wie Wasserkocher, Reiseset, Fieberthermometer. Die Klägerin hat dies als wettbewerbswidrig angesehen und die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen.

Das Berufungsgericht hat das der Klage stattgebende Urteil des Landgerichts bestätigt. Nach den Grundsätzen der Senatsentscheidung „Laienwerbung für Augenoptiker“ (GRUR 1995, 122) sei die Werbung wettbewerbswidrig. Die Gefahr, dass der Laienwerber seine persönlichen Beziehungen missbrauche und der Umworbene seine Entscheidung nicht nach sachgerechten Gründen treffe, sei wegen des nicht unerheblichen Anreizes einer Prämie im Wert von ca. 30 € und des geringen Werbeaufwands zu bejahen. Daran ändere das geänderte Verbraucherleitbild, der Wegfall der Zugabeverordnung und des Rabattgesetzes ebensowenig wie mildere Maßstäbe in anderen Branchen wie im Verlags- und Versicherungswesen, in denen es sich bei dem beanstandeten Verhalten um seit jeher übliche Vertriebsformen und zudem meist um die Übernahme von Dauerverpflichtungen handele, bei denen die Gefahr der Beeinflussung durch Laienwerber nicht in gleichem Maße bestehe. Im Übrigen gelte für die Beurteilung der Zulässigkeit der Werbung im Gesundheitswesen generell ein strengerer Maßstab.

Verhandlungstermin: 11. Juli 2006

KVR 37/05

Bundeskartellamt; Beschl. v. 27. April 2005 – B 7 38/05

OLG Düsseldorf, Urt. v. 21. September 2005 –VI Kart (WuW/E DE-R 1607)

und

KVR 38/05

Bundeskartellamt, Beschl. v. 25. April 2005 – B 7 -22/05

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.09.2005 – VI-Kart 9/05 (V)

Auswahl unter Beiladungsprätendenten/Bundesgerichtshof prüft erstmals Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Beiladung zu Fusionskontrollverfahren

In den beiden Rechtsbeschwerdeverfahren KVR 37/05 und KVR 38/05 hat der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs erstmals über die Rechtmäßigkeit der Ablehnung einer Beiladung zu einem Fusionskontrollverfahren zu entscheiden.

Die Rechtsbeschwerdeführerin begehrt ihre Beiladung zu zwei Fusionskontrollverfahren, die das Breitbandkabelnetz betreffen. Das Bundeskartellamt lehnte die Beiladungsanträge der Rechtsbeschwerdeführerin zu beiden Verfahren ab. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Rechtsbeschwerdeführerin durch das beabsichtigte Zusammenschlussvorhaben zwar in ihren wettbewerblichen Interessen erheblich berührt werde, von einer Beiladung jedoch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie abgesehen werden könne, weil die wirtschaftlichen Interessen und Belange der Rechtsbeschwerdeführerin bereits durch die ausgesprochene Beiladung eines anderen Kabelnetzbetreibers (KVR 37/05) bzw. zweier anderer Kabelnetzbetreiber und des Verbandes Privater Kabelnetzbetreiber e.V. (KVR 38/05) Berücksichtigung fänden. Die gegen die Ablehnung des Beiladungsantrags erhobenen Beschwerden hatten keinen Erfolg. Das Beschwerdegericht hat in beiden Fällen die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Nach früherer Rechtslage war die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof gegen die Ablehnung der Beiladung nicht eröffnet, da diese gemäß § 74 Abs. 1 GWB a. F. nur gegen in der Hauptsache erlassene Beschlüsse statthaft war. Insoweit hat sich durch die 7. GWB-Novelle (Gesetz vom 7. Juli 2005 [BGBl. I S. 1954]) eine Änderung ergeben.

Verhandlungstermin: 12. Juli 2006

2 StR 557/05

Landgericht Köln – 107 – 14/05

Das Landgericht Köln hat den Angeklagten wegen Bestechlichkeit in Tateinheit mit Beihilfe zur Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt und den Verfall von 15.000 € angeordnet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Vorsitzender und Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat. Auf die Bitte seines Vorgängers Dr. H., des Bewerbers um das Amt des Oberbürgermeisters, bat der Angeklagte zur Finanzierung des Kommunalwahlkampfes 1999 den Müllentsorgungsunternehmer T. um eine Spende. T. zahlte daraufhin an den Angeklagten insgesamt 150.000 DM in bar. Das Geld leitete der Angeklagte in der Folge über von ihm verwaltete inoffizielle Kassen dem Vermögen der Kölner SPD zu. Bei der Annahme der Spende war dem Angeklagten bewusst, dass T. eine Beteiligung seines Unternehmens an der städtischen Müllentsorgung anstrebte und mit der Spende die Erwartung verband, dass sowohl der Angeklagte wie auch Dr. H. die SPD-Fraktion im Kölner Stadtrat in der Frage der Privatisierung der städtischen Abfallwirtschaft im Interesse des T. beeinflussen würden.

Das Landgericht hat den Angeklagten in seiner Eigenschaft als Ratsmitglied der Stadt Köln nicht als Parlamentarier, sondern als Amtsträger angesehen und deshalb die Voraussetzungen einer Bestechung bejaht. Die Rechtsfrage, ob ein Gemeinderatsmitglied Amtsträger im Sinne der Bestechungstatbestände des Strafgesetzbuches oder ob er stets als Abgeordneter mit der Folge anzusehen ist, dass er sich nur unter den engen Voraussetzungen der Abgeordnetenbestechung (§ 108e StGB) strafbar machen kann, ist in der rechtswissenschaftlichen Literatur umstritten. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht hierzu bislang noch aus, wobei auch der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Verhandlung am 9. Mai 2006 über eine ähnlich gelagerte Fallgestaltung zu entscheiden haben wird.

Gegen das Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung materiellen und formellen Rechts rügt.

StGB § 108e

Abgeordnetenbestechung

(1) Wer es unternimmt, für eine Wahl oder Abstimmung im Europäischen Parlament oder in einer Volksvertretung des Bundes, der Länder, Gemeinden oder Gemeindeverbände eine Stimme zu kaufen oder zu verkaufen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Neben einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wegen einer Straftat nach Absatz 1 kann das Gericht die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, und das Recht, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, aberkennen.

Verhandlungstermin: 13. Juli 2006

I ZR 65/05

LG Bielefeld - 11 0 49/04 ./. OLG Hamm – 4 U 173/04

Die Kläger, die eine Bar betreiben, in der Prostituierten und deren Kunden sexuelle Kontakte ermöglicht werden, wenden sich wegen der Veröffentlichung eines Inserats in der Bild-Zeitung gegen die Herausgeberin der Zeitung. Die Kläger beanstanden, dass die veröffentlichte Anzeige eine wegen Sittenwidrigkeit unzulässige Werbung für Prostitution beinhalte. Die Unlauterkeit ergebe sich jedenfalls aus einem Verstoß gegen §§ 119, 120 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG).

Das Berufungsgericht hat das die Klage abweisende Urteil des Landgerichts bestätigt. Es bestehe kein Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung der beanstandeten Anzeige, da kein Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vorliege. Soweit die Kläger sich gegen die Anzeigen der Prostituierten wendeten, fehle ihnen die Anspruchsberechtigung, da sie keine Mitbewerber seien. Soweit die Kläger sich gegen die Anzeigen von Beherbergungsbetreibern wendeten, fehle es an einem Wettbewerbsverstoß. §§ 119, 120 OWiG seien keine wettbewerbsbezogenen Normen und könnten daher keinen Verstoß gegen das UWG begründen. Jedenfalls käme der Beklagten das Presseprivileg zugute. Zudem sei bei der vorliegenden Werbung für Prostitution die Schwelle zu einem schlechthin unerträglichen Verhalten im geschäftlichen Verkehr nicht überschritten.

Verhandlungstermin: 25. Juli 2006

X ZR 182/05

AG Wuppertal – 36 C 454/04 ./. LG Wuppertal – 8 S 15/05

Es geht um die Haftung des Reisebüros gegenüber dem Reisekunden für ein behauptetes Beratungsverschulden. Die Parteien streiten darüber, ob das Reisebüro den Kunden, der eine dreimonatige USA-Reise buchte, nicht nur auf eine Reiserücktrittsversicherung, sondern auch auf eine Reiseabbruchversicherung hätte hinweisen müssen. Der Kunde musste die Reise schon auf dem Hinflug wegen einer Erkrankung abbrechen und erlitt in Ermangelung einer Abbruchversicherung einen Schaden von rund 4.000 Euro.

Verhandlungstermin: 8. August 2006

1 StR 50/06

Landgericht München I - Entscheidung vom 13. Mai 2005 - 4 KLs 571 Js 50602/03

Das Landgericht München I hat gegen den Angeklagten Karl-Heinz Wildmoser junior mit Urteil vom 13. Mai 2006 wegen Untreue in Tateinheit mit Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verhängt. Gegenstand der Verurteilung sind Zahlungen im Zusammenhang mit der Vergabe des Bauauftrages für das neue Fußballstadion in München („Allianz-Arena“) im Jahr 2001/2002. Bauherren des Stadions waren die Fußballvereine FC Bayern München und TSV München von 1860.

Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Mitglied des TSV München von 1860 und Geschäftsführer der TSV München von 1860 GmbH & Co KG aA. Als Mitglied eines Lenkungsausschusses, des Gutachtergremiums und als Geschäftsführer der für die Errichtung und den Betrieb des Stadions gegründeten Allianz Arena München Stadion GmbH war er in maßgeblicher Position in das Vergabeverfahren einbezogen. An dem Verfahren beteiligte sich als Bewerber auch die Alpine Bau Deutschland GmbH (Alpine GmbH), die einen entsprechenden Hinweis von dem Angeklagten und dem mit ihm geschäftlich verbundenen Mitangeklagten erhalten hatte; der Mitangeklagte erhoffte sich für den Fall des Zuschlages an die Alpine GmbH die Zahlung einer Maklerprovision. Nachdem der Kreis der Bewerber um die Bauvergabe sich auf die Alpine GmbH und einen zweiten Bieter reduziert hatte, signalisierte die Alpine GmbH dem Mitangeklagten, dass sie Zahlungen von Insiderinformationen über das Vergabeverfahren abhängig mache. Daraufhin kam es zu vier Treffen zwischen dem Angeklagten Wildmoser, dem Mitangeklagten und dem anderweitig verfolgten Chef des in Salzburg ansässigen Alpine-Konzerns, der die Zahlung von 5,5 Mio. DM in Aussicht stellte, falls der Angeklagte sich erfolgreich für eine Vergabe an die Alpine GmbH einsetze und als Ansprechpartner für die spätere Bauphase zur Verfügung stehe.

Nachdem die Alpine GmbH den Zuschlag für den Bau des Stadions erhalten hatte, kam es zur Auszahlung des vereinbarten Betrages mittels fingierter Rechnungen und Vereinbarungen an den Mitangeklagten. Dieser leitete den überwiegenden Teil der eingehenden Gelder an den Angeklagten Wildmoser weiter. Der Angeklagte verwendete die Gelder, um ein von ihm und seinem Vater geleitetes Unternehmen in Dresden zu sanieren, das in wirtschaftliche Bedrängnis geraten war. Der geständige Mitangeklagte wurde wegen Beihilfe zur Untreue in Tateinheit mit Beihilfe zur Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung das Landgericht zur Bewährung ausgesetzt hat.

Gegen das Urteil des Landgerichts haben sowohl der Angeklagte als auch – zu seinen Ungunsten – die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt. Der Angeklagte wendet sich mit Verfahrensrügen und der Sachrüge gegen seine Verurteilung. Mit einer Verfahrensrüge wird die Befangenheit der Vorsitzenden der Strafkammer im Zusammenhang mit Presseartikeln der Münchener Abendzeitung gerügt. Die Staatsanwaltschaft, die eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren beantragt hatte, erstrebt mit ihrer auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkten Revision eine Verurteilung des Angeklagten wegen eines besonders schweren Falles der Untreue.

Termin: noch nicht bestimmt

3 StR 403/05

Landgericht Hildesheim – 16 KLs 993b Js 59653/00

Die Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts hat den Angeklagten Z. wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten und den Angeklagten D. wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Das Landgericht hat folgenden Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte Z., ehemaliger Abgeordneter des Obersten Rates der Ukraine, war Vorstandsvorsitzender der Gradobank in Kiew. Diese war mit der Verwaltung von Entschädigungszahlungen der Bundesrepublik Deutschland für Opfer nationalsozialistischer Verfolgung in der Ukraine beauftragt. Der Angeklagte D. war u. a. mit der Horda GmbH in der ukrainischen Zementindustrie tätig. Die Angeklagten gründeten gemeinsam die Gesellschaft Centurion, um sich mit dieser im Zementgeschäft zwischen der Ukraine und Deutschland unternehmerisch zu betätigen. Hieraus erhofften sie sich umfangreiche Gewinne. Sie kamen überein, sich mit der Centurion als Kommanditistin mit einer Einlage in Höhe von 6,6 Mio. DM an einem in Warburg ansässigen deutschen Zementunternehmen zu beteiligen. Um den ersten Teilbetrag der Einlage in Höhe von 4 Mio. DM aufzubringen, fingierten sie ein Darlehen der Gradobank an die Horda GmbH, wobei das Geld letztlich mit Hilfe einer Scheinrechnung der Centurion zufließen sollte. Über diese wurde der Betrag als Kommanditeinlage an das Warburger Zementunternehmen geleitet. Die Angeklagten hofften dabei, aus den erwarteten Gewinnen das Darlehen an die Gradobank zurückführen zu können. Diese blieben jedoch aus.

Beide Angeklagte haben gegen das Urteil Revision eingelegt. Der Generalbundesanwalt hat die Verwerfung der Rechtsmittel durch Beschluss beantragt.

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