Bundesgerichtshof

Mitteilung der Pressestelle


Nr. 114/2004

Urteil gegen Botschaftsbesetzer rechtskräftig

Das Landgericht Berlin hat die Angeklagten mit Urteil vom 3. September 2003 wegen Geiselnahme in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruch schuldig gesprochen. Es hat den Organisator der Tat, den Sprecher einer Gruppe irakischer Oppositioneller, zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten und fünf irakische Staatsangehörige als die Tat ausführende Mittäter zu Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren verurteilt.

Das Landgericht hat im wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

Die fünf Angeklagten verschafften sich am 20. August 2002 gegen 14.15 Uhr unter einem Vorwand Zutritt in das in Berlin-Zehlendorf gelegene irakische Botschaftsgebäude. Sie brachten sich in den Besitz einer Selbstladepistole, mit der – möglicherweise von einem Mitarbeiter der Botschaft – mehrere Schüsse abgegeben wurden. In der Eingangshalle gaben die Angeklagten mehrere Schüsse aus ihren – echten Schußwaffen täuschend ähnlich sehenden – Schreckschußwaffen ab, überwältigten auch unter Einsatz einer mitgeführten Axt den Sekretär der Botschaft, seinen Stellvertreter und zwei Besucher, die sie allesamt fesselten und denen sie Reizgas in die Augen sprühten. Des weiteren bedrohten sie die Botschaftsangehörigen mit ihren Waffen. Die Angeklagten verfolgten das Ziel, auf das im Irak amtierende diktatorische Regime unter Saddam Hussein aufmerksam zu machen und die Botschaft nach vermuteten Beweismitteln für eine Verstrickung von Botschaftsangehörigen in Aktivitäten des irakischen Geheimdienstes zu durchsuchen. Sie erstrebten eine umfangreiche Darstellung ihres Vorgehens in allen Medien, wozu sie sogleich eine Verständigung der Polizei veranlaßten; sie hängten zwei irakische Fahnen mit dem handschriftlichen Zusatz „Tod Saddam“ aus dem Botschafterzimmer. Nach dem Tatplan der Angeklagten sollte die mit starken Kräften präsente Polizei auch möglichst spät eingreifen. Zu diesem Zweck verbarrikadierten die Angeklagten den Eingang des Gebäudes, verhängten Fenster und veranlaßten die Kenntnisnahme der Polizeibeamten von den Bedrohungen der Botschaftsangehörigen. Der Organisator der gewaltsamen Besetzung teilte dem Bundeskanzleramt per Fax „den ersten Schritt zur Befreiung des Irak durch Übernahme der Botschaft“ mit. Nach fünf Stunden befreiten die Einsatzkräfte die noch verbliebenen zwei Geiseln und nahmen die Angeklagten fest.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen der Angeklagten durch einstimmigen Beschluß ohne weitere Begründung verworfen.

Beschluß vom 30. September 2004 - 5 StR 266/04

Karlsruhe, den 14. Oktober 2004

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