Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle

 

 

Nr. 3/2002

 

Flughafen Leipzig/Halle

 

Der u.a. für das Grundstücksrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat entschieden, daß die Betreibergesellschaft des Flughafens Leipzig/Halle für das Jahr 1993 keine Nutzungsentschädigung für die Inanspruchnahme eines Grundstücks zu zahlen braucht, das zu DDR-Zeiten in Volkseigentum stand und restituiert wurde.

Der Kläger war Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs in Kursdorf bei Leipzig. Er wurde enteignet, nachdem er Mitte 1953 die DDR verlassen hatte. Die Nutzung der inzwischen in Volkseigentum stehenden Grundstücke übernahm eine LPG. Nach 1959/60 wurden einige der Grundstücke für die Errichtung des Flughafens Leipzig/Halle in Anspruch genommen. Sie werden seither u.a. für den Tower, das Vorfeld, die Start- und Landebahn sowie das Rollfeld genutzt. Nach der Wiedervereinigung erreichte der Kläger 1991 einen Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen, mit dem das Eigentum an den Grundstücken an ihn zurückübertragen wurde. Es schloß sich ein Rechtsstreit an, in dem die Betreibergesellschaft des Flughafens und der Freistaat Sachsen geltend machten, daß aus öffentlichem Interesse die Rückübertragung des Eigentums an den Kläger nicht erfolgen dürfe. Ende 1995 entschied das Bundesverwaltungsgericht abschließend, daß hinsichtlich verschiedener Grundstücke die Rückübertragung an den Kläger nicht aufgehoben werden könne, weil diese nicht vom Widerspruch des Freistaates Sachsen gegen den Bescheid des Amtes zur Regelung offener Vermögensfragen umfaßt gewesen seien. Hiervon war auch das 45.253 m² große an den Kläger restituierte Grundstück betroffen, für dessen Nutzung zwischen dem 20. September 1993 und dem 31. Dezember 1993 der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit von der Betreibergesellschaft des Flughafens eine Entschädigung in Höhe von 37.832,75 DM verlangt. Auf dem Grundstück befinden sich ein Sendehaus für das Instrumenten-Anflugsystem, ein Leichtflüssigkeitsabscheider und ein Zwischenspeicherbecken, außerdem wird es für den Rollfeldring sowie eine Havariestraße genutzt. Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Die Revision blieb ebenfalls erfolglos.

Der Bundesgerichtshof bejaht zwar im Grundsatz einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung ("Moratoriumszins") nach dem - zum 1. Oktober 2001 neu gefaßten - Art. 233 § 2 a Abs. 9 EGBGB, weil der Kläger wie die Eigentümer behandelt werden müsse, deren Grundstücke ohne Enteignung in der DDR für öffentliche Aufgaben genutzt worden seien. Auch zähle der Betrieb eines Verkehrsflughafens durch eine GmbH, deren Anteile im Besitz der öffentlichen Hand seien, zu den öffentlichen Aufgaben. Für den eingeklagten Zeitraum stehe dem Kläger aber ein Anspruch nicht zu, weil er das Eigentum erst später, nämlich durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Ende 1995, zurückerhalten habe.

Urteil vom 18 Januar 2002 – V ZR 104/01

Karlsruhe, den 18. Januar 2002

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